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Simone Scamander

Posted on 24.7.2021

Inhalt: Aufgewachsen im Dickicht des Waldes und erzogen von zwei Löwen, lebt die 18-jährige Borka ein vermeintlich friedliches Leben - bis eines Tages die Töter auftauchen. Menschen, die es auf die Tiere des Waldes abgesehen haben. Borka kann das Unglück nicht aufhalten und muss dabei zusehen, wie ihrer Familie Grausamkeiten angetan werden. die sie niemals vergessen wird. Wild entschlossen, ihre Löweneltern aus den Fängen der Töter zu befreien, wagt sich Borka in die Welt der Menschen - und findet ihre Eltern in einer Arena, in der sie gegen den Thronfolger Fjodor um ihr Leben kämpfen müssen. In letzter Sekunde kann Borka das schlimmste verhindern – und den König so von sich überzeugen, dass er ihr einen Deal anbietet: Wenn Borka seinen Sohn, den Prinzen, auf einer Reise beschützt, wird er ihre Eltern und sie freilassen. Widerwillig lässt sich Borka auf den Handel ein, ohne zu ahnen, was sie auf dieser Reise erwarten wird... Meine Meinung: Ein Menschenkind, das von Tieren aufgezogen wird und die Wälder sein Zuhause nennt. Eine Hauptfigur, die sich nach Antworten bezüglich ihrer Herkunft sehnt. Menschen, die den friedlichen Raum der Tiere stören und keinen Respekt vor wildem Leben haben. Ein Abenteuer, das die Balance wiederherstellen muss, um den Frieden zu wahren. Gleich zu Beginn der Geschichte hat mich eine Atmosphäre gepackt, die mich an „Tarzan“ erinnert hat, auch wenn „Lioness“ – zumindest im direkten Vergleich zur Disneyverfilmung – noch mehr Opfer von den Charakteren fordert. Aber machen wir noch einen Schritt zurück: „Lioness – Wohin dein Herz dich führt“ ist das erste Buch, zu dem ich nach einer langen Lesepause gegriffen habe – und es war die richtige Entscheidung! Die Geschichte beginnt so rasant, so aufwühlend, so dramatisch, dass ich mich der Welt des Löwenmädchens ab der ersten Seite nicht entziehen konnte und sie unbedingt auf ihrem Abenteuer begleiten wollte. Ich war allerdings sehr überrascht davon, wie heftig „Lioness“ schon in den ersten Kapiteln beginnt – und auch bis zum Schluss immer wieder wird. Kathy Tailor schreckt nicht vor deutlichen Beschreibungen zurück und mutet ihrer Protagonistin Borka viel zu. Im Klappentext wird „Lioness“ als Romantasy beschrieben, wodurch meine Erwartungen an die gesamte Geschichte eine andere waren. Es gibt zwar eine Liebesgeschichte mit einer wichtigen Rolle in Borkas Abenteuer, diese nimmt insgesamt jedoch einen sehr kleinen Part im gesamten Roman ein. Für mich ist „Lioness“ viel mehr ein YA-Fantasy-Roman, der die Bedeutung von Familie thematisiert, ganz unabhängig von einer Blutsverwandtschaft. Der auf einer besonderen Beziehung zwischen Mensch, Tier und auch Natur aufbaut. Der ein aufregendes Abenteuer voller Intrigen in die Köpfe der Leser:innen zu malen vermag. Und vor allem: Der von der Suche nach sich selbst und der eigenen Akzeptanz erzählt. „Lioness“ hat mir großartige Lesestunden geboten – aber Romantasy-Vibes hatte ich kaum. In „Lioness“ gibt es eine Fülle an Charakteren, doch der Fokus liegt ganz eindeutig auf Protagonistin Borka, die die Leser:innen auch mit ihren Augen durch die Geschichte führt. Obwohl sie viel Ballast mit sich trägt – die Fragen zu ihrer wahren Herkunft, die Schatten ihrer traumatischen Erlebnisse vor der Reise mit dem Prinzen und all die Probleme, denen sie sich erst dort stellen muss –, ist sie eine wahre Löwin. Sie gibt niemals auf, macht aller Wunden zum Trotz Mut und behält ihre Ziele fest im Blick. Borka macht es einem leicht, sie in das eigene Herz zu schließen, und war für mich eine Protagonistin mit Ecken und Kanten, die ich gerne noch länger begleitet hätte. Aber nicht nur mit Borka hätte ich gerne mehr Zeit verbracht. Kathy Tailor hat in ihrem Roman eine Welt aufgebaut, die ich gerne noch genauer kennengelernt hätte. Dank ihres bildhaften und atmosphärischen Schreibstils konnte man sich wunderbar in die Schauplätze des Geschehens hineinfühlen. Gerne hätte ich die Gemäuer der Städte noch genauer ausgekundschaftet, wäre mit Borka tiefer durch die Wälder gestromert – sollte sich dazu irgendwann noch einmal die Gelegenheit ergeben, lasse ich mir diese Chance definitiv nicht entgehen! Da sich die Geschichte an eine jugendliche Zielgruppe richtet, hätte ich bei der Fülle an schwer verdaulichen Themen zwischen den Buchdeckeln eine Triggerwarnung erwartet. Für alle, die sich wappnen wollen, werde ich eine Auflistung der sensiblen Themen am Ende der Rezension aufnehmen. Fazit: „Lioness – Wohin dein Herz dich führt“ hat mir wundervolle Lesestunden beschert. Gemeinsam mit Borka, die mich mit ihrem aufrichtigen Löwenherz ganz und gar für sich gewinnen konnte, hätte ich am liebsten noch viel mehr Kathy Tailors Fantasy-Welt entdecken wollen. Dass die Geschichte so viele heftige und dramatische Szenen enthalten würde, hatte ich zwar nicht erwartet, doch alle Szenen haben Borkas Abenteuer zu dem gemacht, was es ist: Authentisch, eindringlich und mitreißend. Eine klare Empfehlung für alle YA-Fantasy-Fans, die sich zwischen den Seiten eine Liebesgeschichte wünschen, die nicht zu stark in den Vordergrund tritt. Triggernde Inhalte könnten sein: Tod eines Familienmitglieds (Mord & Selbstmord), Tod eines Tieres, versuchte Vergewaltigung, versuchter Selbstmord, Missbrauch, explizitere Darstellung des Sterbens, Vergiftung

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