gachmuret
Bücher zu einem »Kulturclash« sind seit Weilers »Maria, ihm schmeckt's nicht« ein eigenes Genre. Und allzu oft ist es der immer gleiche Aufguss. Bianca Nawraths Buch gehört da nur auf den ersten Blick dazu. Ja, auch hier hat ein Liebespaar mit kulturellen Differenzen zu kämpfen. Und ja, das führt zu durchaus komischen Situationen. Es steckt aber sehr viel mehr darin. Nawrath erzählt hinter der Rahmengeschichte, in der Kinga und ihr Freund Mahmut zu einer Familienfeier nach Polen fahren, in Rückblenden aus der Kindheit und Jugend von Kinga, dem Kennenlernen von Mahmuts Familie und dem Leben der beiden zusammen. Der Druck, den widersprüchlichen Erwartungen ihrer Umwelt gerecht werden zu müssen, die demütigenden Erfahrungen von Alltagsrassismus, die spiegelbildlichen Erfahrungen von Ablehnung, die beide Protagonist:innen durchmachen müssen, ihre unterschiedlichen Bewältigungsstrategien und das Bedürfnis, die eigenen Familien als Teil der eigenen Identität verteidigen zu wollen - selbst wenn sich diese zu übelsten Ausfällen versteigen, all das liegt nur knapp unter der Oberfläche. Beeindruckt hat mich nicht nur die Stärke Kingas, die Sanftmut Mahmuts und die vielschichtige Beziehung Kingas zu ihrer Familie, sondern auch wie es Bianca Nawrath gelingt, die komplexe Erzählung leicht erscheinen zu lassen.