stricki
Lächeln! Ist Marlene ein Junkie? Nein, selbst ihr Hausarzt, den sie in ihrer Verzweiflung aufsucht, ist sich sicher, da ist einfach nur ein junger Mensch ein bisschen von der Arbeitswelt überfordert, das gibt sich wieder, gar kein Problem. Junkies haben keinen angesehenen Job im Social Media Business, keine schöne Wohnung und keinen tollen Freund. Marlene hat früh gelernt, dass eine perfekte Fassade wichtig ist, und dahinter kann es brodeln, wie in ihrer Familie, wo sie schon früh die Verantwortung für ihre Mutter übernehmen musste, die sich nach der Trennung vom Vater gehen lassen hat und Trost im Alkohol fand. Marlene findet ebenfalls Trost, etwas zeitgemäßer, sie arbeitet hart, sie feiert hart, Amphetamine sind ihr Ding, Drogen die sie puschen, wachhalten, die Konzentration fördern. Kokain ist bald schon zu teuer. Und niemand bekommt etwas mit, sie ist gut darin, ein erfolgreiches, glückliches Leben vorzutäuschen. Ja, sie hat bekommen was sie wollte. Aber es ist nicht so, wie sie es sich vorgestellt hat. Und jetzt? Wir begleiten Marlene, wir Leser*innen sitzen in Marlenes Kopf, wir sind die einzigen, die erfahren, wie es ihr geht und wie sie sich fühlt, wenn ihr mieser Chef ihr lächelnd den Urlaub streicht und noch mehr Überstunden aufbürdet, verantwortungslose, oberflächliche Marketingwelt. Ich habe das Buch verschlungen, ich finde es ziemlich realistisch, tragisch, spannend. Es ist ein gelungenes Abbild einer Gesellschaft, die sich bestens präsentieren kann, die aber nicht gelernt hat, mit anderen Menschen ernsthaft zu kommunizieren. Konkurrenz statt Komplizenschaft, Party statt Gespräche darüber, dass der neue Job total hohl, öde und langweilig ist. Vielleicht ist das aber auch die Krux der Jugend, dass sie erst ihre Erfahrungen machen muss?