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nina 🌸

Posted on 18.7.2021

Solider Reihenauftakt mit Luft nach oben. Zur Geschichte: Thematisch ist dieses Buch genau mein Fall: Ich liebe Geschichten über das Meer und die Unterwasserwelt, weswegen ich "Tochter des Ozeans" auch unbedingt lesen wollte. Grundidee und Setting sind toll, das Ganze wurde schön inszeniert und mit mythologischen Aspekten verfeinert. Allerdings hätte ich mir dabei noch mehr Details gewünscht, da Vieles doch recht kurz abgehandelt wurde, aber vielleicht kommt das ja noch im Folgeband. Man muss an dieser Stelle auch sagen, dass das Buch relativ dünn ist und die Handlung somit ziemlich viel auf einmal war. Die Verknüpfung der beiden unterschiedlichen Welten ist der Autorin in meinen Augen dennoch gut gelungen. Neben den fantastischen Elementen wird in diesem Buch auch noch eine sehr ernste Thematik in die Handlung miteingeflochten, mit deren Umsetzung ich leider nicht zufrieden bin. Trotz der beigefügten Triggerwarnung möchte ich hier nicht spoilern, um was genau es sich handelt, also nur so viel: Meines Erachtens benötigt ein derartig sensibles Thema viel mehr Raum und Tiefe zu seiner Entfaltung und sollte niemals oberflächlich als nebensächlicher Plot gebraucht werden, das halte ich einfach für unangemessen und unsensibel. Wenn man diese Thematik behandelt, dann richtig, ausführlich und einfühlsam. Hier hätte man sie auch gut und gerne weglassen können. Generell waren es mir in dieser Geschichte etwas zu viele Themen für ein doch recht dünnes Buch. Ich glaube, die Autorin wollte hier einfach ein bisschen zu viel auf einmal erreichen. Einiges davon fand ich recht gelungen, wie beispielsweise die Zugehörigkeit mancher Charaktere zum LGBTQIA-Spektrum und ihre gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung, andere Dinge wie beispielsweise das Thema Umweltbewusstsein und -schutz wurden mir zu sehr zwischen Tür und Angel behandelt. Die Thematik wurde kurz eingeworfen und dann auch recht schnell wieder verworfen, was sie auf mich konstruiert und erzwungen wirken ließ - ganz nach dem Motto: "Es musste einfach mal gesagt werden, aber jetzt reicht es auch wieder damit". Der Einstieg in die Geschichte ist sehr spannend und konnte mich sofort packen, danach flachte die Handlung allerdings erstmal wieder ab und plätscherte mit kleineren Höhepunkten so dahin. Erst gegen Ende wurde es dann wieder richtig fesselnd. Insgesamt hätte man das Tempo der Geschichte also durchaus mehr anziehen und ihren Spannungsgrad somit intensiv können, aber langweilig war es trotzdem zu keiner Zeit. Der Cliffhanger am Ende des Buches erhält die Spannung aufrecht und macht Lust auf den zweiten Teil. Zudem blieben hier noch viele Fragen offen, auf die ich gerne eine Antwort hätte. Die Geschichte beinhaltet einige Klischees, was für Jugendbücher zwar nicht ungewöhnlich ist, aber ein paar weniger hätten es in meinen Augen auch getan. Weiterhin sind mir stellenweise konstruiert wirkende Szenen und Dialoge aufgefallen, die sich für mich auch recht unnatürlich und holprig lasen. Manche Charaktere sind für mich ohnehin ein wandelndes Klischees, was ich etwas schade fand. Dafür hatte die Geschichte einfach zu viel Potenzial... Zu guter letzt hätte ich mir noch gewünscht, dass alles ein bisschen detaillierter und ausführlicher behandelt worden wäre. Viele Handlungsstränge verlaufen ohne weitere Informationen im Sand und gerade das Worldbuilding wirft auch ziemlich viele Fragen auf, die bisher leider nicht beantwortet wurden. Ich hätte es gerne gesehen, wenn die Autorin sich mehr Zeit und auch mehr Raum im Sinne von mehr Seiten für ihre Geschichte genommen hätte, um deren volles Potenzial ausschöpfen zu können. Zu den Charakteren: Die Geschichte wird bis auf den Prolog aus Clara's Sicht in der ersten Person Singular erzählt. Leider wurde ich bis zum Ende nicht so richtig warm mit ihr und konnte mich auch nur bedingt gut in sie hineinversetzen, was mein Leseerlebnis sicherlich auch ein Stück weit (negativ) beeinflusst hat. Clara soll stark und mutig wirken, was sie definitiv auch ist, aber auf mich hat sie vordergründig trotzdem naiv, unbedarft, ängstlich, verloren und vor allem auch unsensibel gewirkt. Insbesondere letzteres macht es mir immer sehr schwer, Protagonist:innen zu mögen. Ich hätte mich Clara gerne näher gefühlt, aber offen gesagt hat sie mich ziemlich oft einfach nur genervt. Ihre Charakterentwicklung war aber durchaus positiv, weswegen ich schon gespannt bin, wie mir der zweite Band zusagen wird. Insgesamt blieben mir alle Charaktere etwas zu blass und eindimensional. Ich hätte sie gerne besser kennengelernt und erfahren, was sie ausmacht, aber vielleicht bekommen sie in der Fortsetzung ja noch mehr Tiefe und Raum zu ihrer Entfaltung. Gerade bei Delilah würde ich es mir sehr wünschen, da ihr Charakter bisher doch wirklich sehr klischeehaft und einfältig dargestellt wurde. Zudem wurde bereits angedeutet, dass etwas dahintersteckt und dieses Etwas würde ich gerne endlich erfahren. Zum Schreibstil: Der Schreibstil ließ sich für mich manchmal etwas holprig lesen, war insgesamt aber schön bildhaft, detailreich und atmosphärisch. Das Buch lässt sich flüssig lesen, war für meinen Geschmack sprachlich allerdings ein Stück weit zu einfach und unkompliziert. Für ein Jugendbuch ist die Sprache aber angemessen: klar, leicht und modern. Weitere Anmerkungen: Die Kapitelüberschriften stellen immer eine mythologische Figur vor, was ich an sich auch sehr interessant finde, aber leider fehlte mir dabei oft der übergreifende Zusammenhang bzw. die Bedeutung für die Geschichte. Fazit: Alles in allem ist es ein solider Reihenauftakt mit einer tollen Grundidee und vielen schönen Momenten, der allerdings auch noch ausbaufähig ist. Die Charaktere bleiben recht blass und sowohl auf emotionaler Ebene als auch hinsichtlich Spannung ist noch viel Luft nach oben. Leinani Klaas wollte mit diesem Buch in meinen Augen einfach etwas zu viel auf einmal abdecken und bewirken, was wiederum sämtliche behandelte Themenbereiche in ihrer Entfaltung einschränkte. Diese Geschichte hat viel mehr Potenzial als hier bisher ausgeschöpft wurde, weswegen ich schon sehr gespannt bin, was die Autorin aus der Fortsetzung machen wird. Gerne gelesen habe ich den Reihenauftakt trotzdem und kann ihn euch dementsprechend auch eingeschränkt empfehlen. 3/ 5 Sterne ⭐️

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