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phantastische_fluchten

Posted on 11.7.2021

Ich habe das Buch " Der schwarze Garten" von Dorothe Zürcher schon vor vier Wochen beendet, fühlte mich aber nicht in der Lage, eine Rezension zu schreiben. Nicht, weil es schlecht oder langweilig war, eher das Gegenteil. Aber der Inhalt lässt sich einfach nicht in kurzen Worten zusammen fassen. Jedes Wort verrät zu viel oder weist auf Ereignisse hin, die man sich erlesen sollte. Wie die Autorin am Ende ihres Buches selbst schreibt: In diesem Roman kommen sechzehn Legenden und Sagen vor, die zumeist in Zürich und der näheren Umgebung spielen. Ich war noch nie in Zürich aber nach dem lesen dieser Lektüre möchte man sofort in den Zug steigen und die Stadt erkunden. Am besten auf den Spuren Carina Degiessers, der Protagonistin. Carina ist eine junge Frau, die das Erbe ihrer Familie und ihre eigene Macht ablehnt. Ihr Vater der Meister über den schwarzen Garten, der schon seit Jahrhunderten existiert. Wie das Attribut "schwarz" schon erkennen lässt, ist es keine lichte Magie, über die man verfügt, wenn man den Garten verwaltet. Eigentlich ist die junge Frau als Erbin, möglicherweise aber auch als nächstes Opfer des Gartens vorgesehen. Um die Macht ihres Vaters und die des Gartens zu brechen unternimmt einen waghalsigen Schritt, was zu dem Tod ihres Vaters führt. Die Polizei verdächtigt sie und ihren Bruder, etwas mit dem Tod des Vaters zu tun zu haben aber es liegen keinerlei Beweise vor. Sie überlässt die väterliche Villa ihrem Bruder Elio , der eine Familie gegründet hat und dessen dunkle Kräfte bei weitem nicht so stark sind, wie die seiner Schwester. Sie vermisst nichts und niemanden, außer Eranz, der als Butler fungiert, der aber über eine Tiefe verfügt, die der Geschichte eine besondere Note verleiht. Wie gesagt, mir fehlten einfach die Worte, um diese Geschichte und ihre Besonderheiten zu würdigen. Ich habe im Urlaub einige Romane aus dem 18. und 19. Jahrhundert gelesen, in denen oft das Wort *schaurig* fiel. Vieles an diesem Roman erinnert an diese leicht schaurig gruseligen Romane der damaligen Zeit, obwohl er hochmodern ist und sich auch einer modernen Sprache bedient. Der Autorin ist hier der Kniff gelungen, diese damals sehr beliebte Art der Unterhaltung in eine neue und moderne Fassung zu bringen. Die Geschichte hat mich genauso angerührt und leicht gegruselt, wie diese alten Romane wie z.B. die von Wilkie Collins, auch wenn hier wirklich alles im 21 Jahrhundert spielt. Der Einfluss der alten Sagen und Legenden, welche die Autorin heranzieht, lässt sich nicht leugnen. Die Geschichte wird in der ICH-Firm erzählt, dadurch ist uns die junge Protagonistin sehr nahe. Sie ist alleine, eine Rückkehr in die Villa wäre eine Rückkehr in den Garten und unter seinen Einfluss. Ihre Gabe, ihre ganze Wesenheit unterscheidet sie aber deutlich von den anderen Menschen und isoliert sie von ihnen. Mit jeder Zeile des Buches merkt man, dass die junge Frau ihre Stadt Zürich liebt. Sie ist der Nabel der Welt, Heimat und Leben. Als die Stadt in Gefahr gerät, unternimmt Carina alles, um Zürich vor dem Untergang zu bewahren. Kann sie, die ihr Erbe abgelehnt und verleugnet hat, nun die Hilfe von Menschen und anderen Wesen einfordern, um die Stadt zu retten? Sprachlich ist das Buch ebenfalls sehr gelungen. Da die Autorin aus der Schweiz stammt, gibt es einige Begriffe und Wendungen, die wir in Deutschland nicht kennen. Dies gibt dem Buch aber eine besondere Note und einen gewissen Charme. Diesmal steht das Glossar zu Beginn des Buches und ich habe es mir vor der Lektüre durchgelesen, was sehr hilfreich war. Eine gute Idee ist auch der kleine Stadtplan hinten im Buch auf dem Cover. Einzig das Cover gefällt mir nicht so gut, dass es keinerlei Hinweis auf die Art der Geschichte gibt. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass es sich um eine moderne Schauergeschichte bzw. Fantasygeschichte handelt, hätte ich lediglich das Cover gehabt, um etwas über das Buch erraten. Mit 222 Seiten ist dieses Buch genau richtig, es gibt keine Ausschweifungen oder Ausschmückungen, alles folgt einer klaren Erzähllinie. Für mich ein kleiner Geheimtipp einer jungen Autorin aus unserem Nachbarland Schweiz. Man sollte öfters mal über die Grenzen schauen. Und Zürich werde ich nach dieser Geschichte auf jeden Fall einmal besuchen, zumal es ja nicht weit von mir ist.

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