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gwyn

Posted on 9.7.2021

Grammatik – für viele Schüler ein langweiliges Gruselkabinett. Fragt das Kind die Eltern: Was ist eigentlich ein Plusquamperfekt?, erhält das Kind oft ein nettes Lächeln und als Antwort: Wir schauen uns das mal im Buch an ... Ich empfehle diese Grammatik! Denn endlich hat sich jemand dem Thema spielerisch, visuell, haptisch angenommen, künstlerisch gestaltet. Ein trockenes Thema, das witzig gestaltet ist, dabei niveauvoll mit den lateinischen Begriffen agiert. «Tatsächlich kommt der lateinische Begriff vom selben Wort wie Patient, also jemand, der etwas aushalten muss: pati heißt auf Lateinisch leider oder erdulden.» Im Genus Verbi, wird erklärt, unterscheidet man, ob jemand aktiv handelt oder ob mit jemanden etwas geschieht. Das Passiv, die Leideform: «Die Ente wird von mir fotografiert.» Aber nicht immer «leidet» hier jemand, es geschieht mit mir: «Dem Küken wird Futter gebracht.» Verständlich und einfach werden hier grammatikalische Grundbegriffe erklärt, sinnlich-haptisch zum Aufklappen, visuell durch feine Illustrationen untermalt. Verschiedene Sinne werden angesprochen, das Gelernte kann sich so festigen. Die Trockenheit des Lernstoffs wird überwunden – so macht Lernen Spaß! Die Geschwister Susanna und Johannes Rieder haben sich durch den Klappmechanismus eine Besonderheit ausgedacht. Hier wird mit Bildern gearbeitet, so wenig Text wie möglich benutzt. Vom Substantiv zum Adjektiv, weiter zum Verb, die Elemente der Grammatik werden zusammengefügt, in den Zeitformen wieder aufgenommen. Beispielsätze sind manchmal grafisch so gesetzt, dass man das Buch drehen muss. Klappen, drehen, sich regen – mit Bewegung nimmt das Gehirn Fahrt auf, die kreative Funktion wird in den grauen Zellen aktiviert, inspiriert durch die Grafiken. Die Fälle sind gut beschrieben. «Die Großmutter tanzt», wer? Natürlich im Garten. Und wessen Garten ist das? Ein Fall für 2. «Ich bringe der Großmutter Kuchen und Wein. (Wem? 3. Fall Dativ)» «Wen oder was rufe ich an? Ich rufe die Großmutter an. (Wen oder was? 4. Fall Akkusativ)» Natürlich kann man das auf langweilige Tabellen projizieren, aber dabei jedoch nur des Lesemodus angesprochen. Die Grafiken von Arinda Crăciun sind bunt, doch in zarten, zurückhaltenden Milchtönen gestaltet, so dass sie nicht vom Text ablenken. Die Stiftzeichnungen mit digitaler Kolorierung unterstreichen die Worte und Carsten Aermes, der die Grafik und Buchgestaltung übernommen hat, bringt das alles wunderbar zusammen. Auch bei den Worten wird mit Farbe gearbeitet. Grammatische Begriffe sind farbig hinterlegt – entsprechende Worte im Satz haben die gleiche Farbe, so dass sie visuell verstärkt werden. Dieses Buch ist etwas für jedermann, hilft, Grammatik verständlich zu machen: Kinder, Eltern, für Lehrer als Unterrichtsmaterial, auch gut geeignet für den Fremdsprachenunterricht. Was mir allerdings fehlt, ist eine Seitenangabe. Es gibt zwar am Ende eine Inhaltsangabe, doch wenn man eine spezielle Sache sucht, muss man sich durchwühlen. Der Susanna Rieder Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 8 Jahren. Meine Empfehlung! Susanna und Johannes Rieder, Geschwister, leiten seit 2008 gemeinsam den Susanna Rieder Verlag.Craciun, Arinda Arinda Craciun ist in Brasov, Rumänien, geboren und lebt seit 2010 in Berlin. Sie zeichnet in verschiedenen Monotypietechniken für Verlage, Magazine und Agenturen.Aermes, Carsten Carsten Aermes studierte Kommunikationsdesign an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und ist als freier Grafiker und Buchgestalter für namhafte Verlage und Musiklabels tätig. Seine Bücher «Brehms Verlorenes Tierleben» und «Labor der Phantasie» wurden von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet. Zuletzt gestaltete er für den Dudenverlag das typografische Buch «Kleines Kuriositätenkabinett der deutschen Sprache». Carsten Aermes lebt und arbeitet in Berlin.

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