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Vom Trauma wegen eines Wortes Es gibt ja Autorinnen und Autoren, deren (Teil-)Backlist auf dem Tsunny seit Jahren auf ihren Einsatz warten. Dann gibt es ein neues Buch, die Möglichkeit, jenes in einer Leserunde zu diskutieren und - tja, hier fängt es an, das Dilemma. Zunächst einmal fällt bei "Die Stille des Meeres" des irischen Autors Donal Ryan auf, dass es keinerlei Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Rede gibt; ein Stilmittel, welches man häufiger sieht bzw. liest und mit dem ich normalerweise auch kein Problem habe. Wenn aber der Text nur so dahin fließt wie ein steter Strom und sich über knapp dreihundert Seiten in Richtung Meer (Ende) bewegt (unterbrochen von kleineren Inseln im Sinne von Kapiteln und Leseabschnitten, die jeweils nach einem der Protagonisten benannt sind und dessen Geschichte die geneigte Leserschaft dann genauer kennenlernt) kann es mit dem Lesen auch anstrengend werden. So habe ich es empfunden; andere werden damit weniger Probleme haben, was aber vollkommen in Ordnung ist! Ist die Geschichte von Farouk und seiner Familie noch emotional bewegend, sind es die Kapitel über Lampy und John leider nicht mehr. Sie sind weder sympathisch (Lampy noch eher als John) noch haben sie mich bewegt, obwohl beide (wie jeder von uns) ihre Lebenspäckchen zu tragen haben. Auch die "Zusammenführung" der verschiedenen Personen im letzten Teil ist mir zu konstruiert, zu nichtssagend, zu gewollt, zu hektisch. Wenigstens da war Donal Ryan konsequent: sein ganzes Buch lebt von einer geschriebenen Hektik, die durch die häufige Benutzung des Wortes "und" noch unterstrichen wird. Zum Schluss konnte ich das Wort nicht mehr lesen ohne genervt mit den Augen zu rollen. Vielleicht war es volle Absicht des Autors, seine Geschichte "schnell" zu erzählen und im Teil über Farouk hatte ich sogar noch Verständnis für die Erzählweise. Danach hat sie sich mir leider nicht mehr erschlossen. Was bedeutet das jetzt für die Bewertung? Ich muss gestehen: selten ist es mir so schwer gefallen, eine Entscheidung zu treffen. Obwohl ich "Die Stille des Meeres" in Teilen gerne gelesen habe, muss ich mir treu bleiben und anderen gegenüber ehrlich sein, so dass ich (irgendwie mit schwerem Herzen aber konsequent) 3* und eine eingeschränkte Leseempfehlung ausspreche. © kingofmusic