Jaylinn
Allgemeines: Matt Haig ist vielen von euch vermutlich als Bestsellerautor ein Begriff. Im Februar 2021 ist in meinen Augen eines seiner bisher bemerkenswertesten Bücher bei Droemer Knaur erschienen: Die Mitternachtsbibliothek. Das gebundene Buch hat 320 Seiten und richtet sich an erwachsene Leser*innen. Im Laden ist es ein Hingucker, man möchte direkt wissen, was sich wohl hinter der spannenden Kombination aus Titel und Cover verbirgt. Inhalt: „Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gesäumt mit all den Leben, die du hättest führen können. Buch für Buch gefüllt mit den Wegen, die deiner hätten sein können. Hier findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, eröffnet sich für Nora plötzlich die Möglichkeit herauszufinden, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Jedes Buch in der Mitternachtsbibliothek bringt sie in ein anderes Leben, in eine andere Welt, in der sie sich zurechtfinden muss. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist?“ (Quelle: Droemer Knaur) Meine Meinung: Matt Haig ist ein Bestsellerautor mit einer großen Fanbase. Ich muss sagen, dass ich mich nicht zu ebendieser zähle. Ab und zu lese ich eines seiner Bücher, aber vielfach wurden sie mir durch riesige Werbekampagnen oder zu viel Medienpräsenz auf Instagram und anderen Portalen beinahe angepriesen, sodass meine Erwartungen an sie häufig zu hoch waren oder ich mich erschlagen fühlte. Mit Die Mitternachtsbibliothek ging es mir tatsächlich ganz anders. Sobald ich das Buch in der Vorschau entdeckt hatte, war mir klar, dass ich es gerne lesen wollte. Irgendwie strahlte es etwas Magisches, Besonderes, einen Zauber aus, über den ich mehr erfahren wollte. Hätte ich mich dich für ein anderes Studium entscheiden sollen? Wäre ein Besuch bei XY heute nicht sinnvoller gewesen? Blau oder Grün? Die „Was wäre wenn-Frage“ begleitet uns täglich. Je nachdem, wie viel Raum wir ihr persönlich geben, hat sie größeren oder geringeren Einfluss auf unser Leben. So auch in Haigs Geschichte. Protagonistin Nora führt ein wenig erstrebenswertes Dasein. Sie ist der Meinung, dass sie zu viele falsche Entscheidungen getroffen hat, die sie schlussendlich an den Punkt unerträglicher Einsamkeit geführt haben. Durch eine selbst herbeigeführte Notsituation gelangt sie leider nicht ins erwünschte Jenseits, sondern (im Geiste) in die Mitternachtsbibliothek und steht nun wirklich vor der Wahl.. Unter Anleitung einer Bibliothekarin darf sie in mögliche Leben hineinschauen, Entscheidungen anders oder erneut treffen und erleben, welche Konsequenzen diese für sie hätten. Sobald sie jedoch in einem Leben unglücklich wäre, würde sie zurück in die Mitternachtsbibliothek gelangen. Klingt eigentlich wie eine Traumvorstellung, oder? Nora probiert im Laufe der Handlung verschiedenste Szenarien aus, erkennt sich selbst kaum wieder und muss schnell einsehen, dass viele Entscheidungen sie unglücklich gemacht hätten. Stets fehlte ihr Etwas, war anders als vorgestellt oder erträumt. Auch ihr Umfeld und ihr Beruf unterscheiden sich immer. Sowohl ihre Beziehungen zu einem möglichen Partner als auch die zu ihrer Familie fallen davon abhängig, wie Nora in ihrem Leben entschieden hat, aus. Persönlich wollte ich während des Lesens auf keinen Fall mit ihr tauschen. Sie lernt Facetten ihrer Selbst kennen, die für sie unvorstellbar waren. Natürlich sind das auf der einen Seite positive Eigenschaften, auf der anderen Seite aber auch negative, mit denen sie nicht leben möchte. Vielleicht stellt man sich vor, dass man einen kleinen Fehler beheben kann und das Leben ganz anders verlaufen wäre. Nora muss die Erfahrung machen, dass sie zwar ebendiesen Fehler beheben kann, gleich darauf aber wieder einen macht, der die gleiche Auswirkung auf ihr Leben hat. Ich glaube, dass es auch mit unseren persönlichen Entscheidungen so ist. Vielleicht mag man sich in einer Situation minimal anders entscheiden, der Ausgang ist trotzdem ähnlich oder führt zu ähnlichen Ergebnissen. Obwohl man erahnen kann, wie dieses Buch ausgeht, ist man vom Ende der Geschichte nicht enttäuscht. Es passt zu der schlussendlich lebensbejahenden Stimmung, der Gedankenwelt, die Haig erschaffen hat. Vielleicht sollte der ein oder andere von uns mal ein bisschen darüber nachdenken, dass schon kleine Entscheidungen unser Lebensglück positiv beeinflussen und dass wir einen nicht zu unterschätzenden (positiven) Einfluss auf das Leben anderer haben, den wir manchmal nicht ansatzweise erahnen können oder wollen. Fazit: Ein Buch für Träumer*innen und Menschen, die gerne in Geschichten über das Leben versinken.