Buchensemble
MITREISSENDER AUSFLUG IN DEN BERLINER UNDERGROUND Asche ist furchtlos: Never judge a book by its cover, oder an der scheinbaren Durchschnittlichkeit seines Autors. Wäre es nicht eine Rezensionsanfrage gewesen, ich hätte dieses Buch niemals gelesen, denn erstens sieht das Cover aus als hätte mein Fünfzehnjähriges Ich es mit Word-Art gestaltet, und zweitens habe ich im Moment eigentlich keine Lust, noch mehr von deutschen/weißen/hetero Männern zu lesen. Die verlieren sich für meinen Geschmack nämlich zu oft entweder in ihrer pseudo-deepen Nabelschau oder scheitern grandios am Versuch, feministische Figuren zu schreiben. Umso mehr freut es mich, wenn ich über Ausnahmen stolpere. Clint Lukas ist so eine Ausnahme. Mein Eindruck zu „Asche ist furchtlos“: In „Asche ist furchtlos“ erzählt eine junge Frau, wie ihr Vater ihr von ihrer scheinbar verschollenen Mutter erzählt. Klingt verwirrend? Ist es anfangs auch. Bis man versteht: Es geht eigentlich gar nicht um die Tochter Ciri, sondern um die Liebesgeschichte ihrer Eltern: die Geschichte vom langweiligen Künstler Jonas und der verwegenen Drogendealerin Nora. Es geht um das Komplizierte an der Liebe, und vor allem um ein Berlin, das dich immer fest im Griff hat, egal woher du kommst und wie unschuldig du zu sein glaubst oder wie gut deine Absichten sind. Bei „Asche ist furchtlos“ handelt es sich um einen dieser Romane, bei denen man sich fragt, wieso ihn nicht mehr Leute kennen. (Vermutlich liegt es am winzigen Verlag mit dem fraglichen Cover-Design.) Denn Clint Lukas schreibt rasant, selbstkritisch und mit einer stilistischen Präzision, weit entfernt von jeglicher Mittelmäßigkeit. Stärken des Buchs: Irgendwo zwischen Liebesgeschichte, Familiendrama und Krimi hält uns „Asche ist furchtlos“ im Bann. Von unvermeidbaren zu unvorhersehbaren Twists navigieren wir mal aus Jonas‘ Sicht, mal aus der seiner Tochter durch diesen Berliner Untergrund, bis wir am Ende atemlos zurückbleiben. Die längste Zeit glauben wir, dass wir den Überblick über diese Geschichte haben. Doch dann, am Ende, auf den allerletzten Seiten, da merken wir erst, dass wir selbst schon viel zu tief drinstecken, um noch unterscheiden zu können, wo die Erzählung aufgehört und die Wahnvorstellung angefangen hat – ein grandioser Kunstgriff, den ich euch nicht spoilern will. Nora, Jonas und alle anderen, die uns in diesem Roman “Asche ist furchtlos” begegnen, sind plastische Figuren mit nachvollziehbaren Motiven. Egal ob fürsorglicher Drogendealer, unberechenbarer Liebhaber oder theatralische DJane, niemand ist hier nur gut oder nur böse, doch eines haben sie alle gemeinsam: die Suche nach Halt in diesem Berlin, das sich viel zu schnell zu drehen scheint. Am meisten überzeugt hat mich jedoch die Art und Weise, wie unaufgeregt (unabsichtlich?) feministisch „Asche ist furchtlos“ ist. Nicht weil Jonas sich ohne Wenn und Aber um die kleine Tochter kümmert, während Nora … andere Dinge tut. Sondern weil Genderrollen weder totgeschwiegen noch bis ins kleine Detail seziert werden. Sie gehören einfach dazu. Die vollständige Rezension von Sophie kannst du beim Buchensemble nachlesen: https://www.buchensemble.de/asche-ist-furchtlos/