BookNerd
"Vielleicht besteht die wichtige Botschaft ja auch darin, dass wir alle geschnitzt, von der Hand desselben Meisters geformt wurden. Vielleicht sind wir alle Kunstwerke." Seite 85 Blue Echohawk hat sich schon immer allein auf der Welt gefühlt. Ihre Mama gab sie als Kleinkind an einen Wildfremden – Jimmy. Er lehrte Blue zu schnitzen und auf die Rufe der Vögel zu hören. Aber Jimmy ist weg und Blue ist wieder einmal alleine. Doch dann fängt Darcy Willson an ihrer High School als Geschichtslehrer an. Blue ist entschlossen ihn nicht zu mögen, ihr Abschluss ist nicht mehr weit und dann kann sie weg von allem. Doch Darcy macht ihr das gar nicht so leicht … Und er hört sich die Fragen an, die Blue schon seit Jahren stellt, ohne je eine Antwort darauf gefunden zu haben. "Ich möchte, dass sie darüber nachdenken. Was ist, wenn das, was Sie über sich selbst oder Ihr Leben denken, nichts weiter als ein Mythos ist, der sie behindert?" Seite 36 Ich liebe das Cover, es passt perfekt zu den beiden anderen Bänden und es ist tatsächlich auch mein Favorit ♥ Die Pastelltöne, der Farbverlauf – ich könnte es ewig anschauen! Ich habe mich unendlich auf ein weiteres Amy Harmon Buch gefreut, war gleichzeitig aber auch skeptisch, weil ich eigentlich kein Fan von Lehrer/Schüler-Liebesgeschichten bin. Aber die Sorge war unnötig, das Buch ist sehr sehr toll ♥ Der Prolog war sehr fesselnd, erzählt vom Tod einer Frau und einem vermissten Kind und das ganze Buch über, hatte ich diese Szenen im Kopf und habe mich gefragt, wie genau sie auf die Geschichte passen, ob nicht doch noch irgendwo ein Twist kommt. Damit war die Grundspannung schon einmal gegeben ^-^ "Aber Sie alle haben eine Geschichte, hab ich nicht recht?" Seite 21 Das erste Kapitel beginnt mit Blue, die zur spät zum Unterricht kommt und an der Tafel Willson Darcy vorfindet, ihren neuen Geschichtslehrer. Blue gibt sich taff und lässig, was Darcy sichtlich verdutzt, aber er lässt sich nicht einschüchtern. Im Laufe des Buches geraden die zwei immer mal wieder aneinander und ich mochte die kleinen Kabelleinen sehr, besonders, weil sie auf einer guten Ebene stattgefunden haben. Nicht flirty, nicht neckend, sondern einfach echt. Willson reagiert auf eine gute Art, bleibt in der Lehrer Rolle, hält sich aber nicht für mächtiger als Blue. Er greift durch, ohne Schaden anzurichten. Im Laufe der Geschichte erfährt der Leser (und auch Darcy) das Blue ihre Eltern nicht kennt, ihren Geburtstag nicht, ja nicht einmal ihren richtigen Namen. Ein Indianer namens Jimmy hat sie als Kleinkind gefunden und aufgenommen. Er gab ihr den Namen Blue, wegen ihrer Augen und seinen Nachnamen. Er hat sie großgezogen und ihr das Schnitzen beigebracht. Aber er ist nicht ihr Vater und inzwischen tot. Das alles erfährt man in kleinen Rückblicken aus Sicht der jungen Blue, die mir sehr ans Herz gegangen sind. Nach und nach entfaltet sich hier eine wirklich unglaubliche Geschichte, die mich sehr berührt hat. Der Wechsel zwischen Vergangenheit und jetzt war immer gut gekennzeichnet und ich habe nie den Überblick verloren. Auch waren die Punkte gut gewählt, nicht als Cliffhanger, sondern einfach um die Geschichte zu ergänzen. "Wir lachten, weil wir dem Tod ins Auge geblickt hatten und immer noch lebten, um davon zu erzählen. Doch ich lachte auch, um nicht zu weinen." Seite 118 Ich war skeptisch wegen der Liebesgeschichte zwischen einer Schülerin und einem Lehrer. Doch das ist in dem Buch gut gemacht, die wirkliche Verliebtheit kommt erst später. Blue muss erstmal lernen Vertrauen zu fassen und über sich hinauswachsen. Das Ganze ist nicht kitschig oder gewollt, sondern passiert sanft und fast ohne, dass man es selber bemerkt. Blue ist nicht kaputt, nur verloren. Das Buch hat so viele Tiefe, doch es wird nie übermäßig traurig oder düster. Es ist einfach wunderschön und ich habe wahnsinnig viele Post Its verbraucht, um all die schönen Stellen zu markieren. Amy Harmon hat ja schon in den anderen beiden Bücher das Thema Gott und Glauben angesprochen. Das war in diesem Buch kaum vertreten, was ich wirklich schade fand, aber es gab eine wunderschöne Stelle, wo Blue das Lied „Amazing Grace“ hört und sich Gottes Gegenwart bewusst wird. Ich hatte so sehr Gänsehaut! Das war ein wunderschöner Moment ♥ "Es hat keinen Sinn, vor der Vergangenheit wegzulaufen. Wir können sie nicht wegwerfen oder so tun, als gibt es sie nicht (...) Aber vielleicht können wir etwas aus ihr lernen." - S. 50 Hier und da gab es vielleicht kleine Stellen, wo ein paar Details nicht geschadet hätten, wo der Sprung vielleicht zu schnell war. Und ein Charakter ging leider verloren, das fand ich auch schade. Aber ansonsten ist das Buch einfach eins von denen, die man auf der einen Seite nicht aus der Hand legen will, auf der anderen aber möglichst lange hinauszögern und genießen möchte ♥ Wunderschön, liebevoll, tiefgründig, humorvoll – ich liebe es ♥ „Ich wünschte mir die ganze Zeit, dass du ein besseres Leben gehabt hättest … ein anderes Leben. Aber ein anderes Leben hätte eine andere Blue aus dir gemacht. Und das wäre die größte Tragödie von allen.“ Seite 260