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thursdaynext

Posted on 27.6.2021

„Einhörner, die auf einem Friedhof aufstampfen.“ Selten fand ich ein Buch derart grandios und zugleich war mir der Ich-Erzähler so, ungreifbar, unsympathisch. Ich forsche noch immer woran das liegt. Ocean Vuongs Roman Debüt ist stilistisch großartig. Poetisch, mitreissend, fast schon vereinnahmend erzählt und erweitert das USA Bild nicht nur um die Erfahrungen vietnamesischer Einwanderer und Kriegsflüchtlingen, die ihre Geschichte immer bei sich tragen und an die nächste Generation weitergeben. Menschen die ihr kleines Glück zu finden hoffen auch wenn dies „nur“ aus Sicherheit vor Gewalt besteht. Allein diese Geschichte hätte schon genügend Stoff, doch Vuong erweitert sie durch seinen Blick auf den amerikanischen Lebenstil, den er in winzigen Szenen, manchmal nur einzelnen Worten oder kurzen Sätzen pointiert skizziert einfließen lässt. Es ist ein sehr emotionales Lesen das einen einfängt. Hier wird Prosa sachte von Lyrik geküsst und so vereint sich das Beste aus beiden Gattungen. Der 1988 in Saigon geborene Vuong dem bekam 2016 für seine Texte den Whiting Award for Poetryund im Folgejahr den T.S. Eliot Preis, haut in diesem mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit stark autobiographischen Roman immer wieder zitierenswerte Sätze raus, die Atmospäre und manchmal auch Gänsehaut erzeugen. Großes Lob für die Coverauswahl das den Inhalt visuell wunderbar einfängt. „Das einzig Gute an Nationalhymnen ist, dass wir schon auf den Beinen sind und somit bereit loszurennen.“ Little Dog,so heißt Voungs vermutliches Alter Ego, ist von beiden Kulturen geprägt der mütter- und großmütterlichen vietnamesischen und der amerikanischen. Ab und an prallen diese beiden Welten in seinem kleinen Kosmos aufeinander. Was erklärt, weshalb der Protagonist diesen tiefen Blick hat für Dinge und Gewohnheiten die er permanent hinterfragt. „Little Dog“, wie er genannt wird macht sich zu allem Gedanken, kostet Erlebtes bereits während er es erlebt und versucht zu verstehen. Dieses Verständnis ermöglicht ihm zu verzeihen. Seiner Mutter zu verzeihen, der Analphabetin die nie lesen können wird was er da geschrieben hat, die ihn, weil es ihr nicht anders möglich war, geliebt aber auch misshandelt hat. Aufgrund von Misshandlungen ihrer selbst, die sich in ihre Biographie derart eingebrannt haben, dass sie ihnen nicht zu entkommen vermag und die ein Leben gesucht hat im Land des „Feindes“. Ocean Vuongs Geschichte erzählt von Verletzungen, von Krieg, Liebe, Familie, Prostitution in ihren verschiedensten Facetten, Kulturen und deren Clash, seltsamen Bräuchen, Verzeihen, Erwacshenwerden, innerer Stärke und Rettung durch Literatur. Man muss den Erzähler nicht mögen um diese Romanperle zu lieben. „Man sagt, nichts hält ewig, und ich schreibe dir mit der Stimme einer vom Aussterben bedrohten Art.“

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