Buchstabenfestival
Wer kennt sie nicht, die Anzeigen "Ferien auf dem Bauernhof"? Dazu noch ein paar schöne Bilder von glücklichen Kühen und fröhlichen Schweinen und selbstverständlich steht die happy Bauernfamilie daneben und freut sich auf die Gäste. Die Werbung funktioniert gut, denn die Städter lieben den "ursprünglichen" Urlaub in der Natur und so nah am "einfachen" Leben. Wer das Buch gelesen hat, wird diese Anzeigen mit ganz anderen Augen sehen und vielleicht auch anders an einen solchen Urlaub herangehen. Erzählt wird die Geschichte einer Familie, die in einem Bergdorf lebt und arbeitet. Drei Generationen, ein Hof und viele ähnliche Probleme. Die Charaktere werden von der Autorin so glaubhaft und realistisch beschrieben, dass es schmerzt, wenn Rosa gegen den Berg und die Natur ankämpft, sich abrackert, schuftet von morgens bis abends, um den Hof allein durch den Krieg und die Nachkriegszeit zu bringen. Ihr Sohn muss zu Hause bleiben, vermisst sie, fühlt sich vernachlässigt und wird aggressiv, was sie noch mehr auf die Felder und in ihren Garten treibt. Sie erzielt Erfolge und zeigt den Menschen im Dorf, dass eine Frau den Hof allein stemmen kann. Doch mit welchen Konsequenzen? Franziska ist am Ende. Mit den Nerven, der Geduld, den Gästen, mit ihren überzogenen Ansprüchen und den Kindern, die immer etwas wollen. Dazu ist sie hochschwanger und der Tourismusverein zwängt sie immer mehr ein, um noch profitabler zu werden. Das Geld ist knapp, trotz Schufterei und guter Gästezahlen. Die Familie droht an der Situation zu zerbrechen. Die Autorin hat die Leben der drei Generationen so gut beschrieben, dass ich beim Lesen Gänsehaut bekommen habe. Ich ziehe den Hut vor Rosa und ihrer Kraft, ihrem Willen und den Mut. Ich habe mich immer wieder gefragt, würde ich das schaffen? Wahrscheinlich nicht. Zu weich, zu verwöhnt und zu wenig Ahnung von der Natur. Aber auch vor Franziska habe ich Respekt und konnte ihren harten Weg gut nachvollziehen. Höher, schneller, weiter ist nur für wenige wirklich gut und lohnenswert. Viele bleiben auf der Strecke und werden krank, sind ausgelaugt und resignieren, wenn sie den Berg an To-Dos sehen. Jarka Kubsova baut auch schwere und aktuelle Themen mit in die Geschichte. Sie zeigt dem Lesenden an einem Beispiel, was passieren kann, wenn man sich ständig verbiegen muss und wirft indirekt Fragen auf, die jeder für sich reflektieren kann. Es war ein wahres Lesehighlight für mich.