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Eine dystopische Utopie Dieses Buch nimmt einem die Illusion an dem Guten in der Politik. Irgendwie schlummert tief in mir noch immer die naive Hoffnung, dass unsere Politiker uns in Würde vertreten und nur das Beste für uns, die gesamte Gesellschaft, im Auge behalten. Natürlich mit Abwägen, mit gewissen Konflikten, aber in der Summe vom Diskurs zu einem Zielzustand der viele Interessen im Blick hat. Und dann kam dieser Roman „Die Kandidatin“ vom neusten Tagesschausprecher und Experte über den Nahen Osten Constantin Schreiber. Der Roman spielt in der zukünftigen politischen Landschaft in 30 Jahren, also ca. 2050. Deutschland ist den Weg des Wandels angetreten und nun steht eine muslimische Frau kurz vor der Kanzlerschaft. Der Roman ist reine Fiktion, aber so treffend und gut ausdekliniert, dass man es für bare Münze halten könnte. Mit voller Absicht enthält er einen Dynamit-Cocktail an Annahmen der Veränderung, den viele heute sicher absurd und zum Teil beängstigend fänden. Muslimische Quoten in Gesetzen verankert, die Rechten wieder auf dem Vormarsch. Dieser Roman ist eine Fortführung der Spaltung der Gesellschaft, eine Entwicklung die wir heute schon beobachten können. Es führt zur Radikalisierung auf allen Ebenen, zu intoleranten Toleranten und wenig offene Begegnungen. Und inmitten von diesem Szenario begleiten wir die Protagonistin Sabah Hussein, die sich als Feministin sogleich als Muslima und Karrieristin präsentiert. Gänzlich unsympathisch aus meiner Sicht, aber rund ausgestaltet und faszinierend angetrieben von ihrem Ziel den mächtigsten Posten des Landes zu erreichen: Sie will Bundeskanzlerin werden. Das gelungene an dem Roman ist das augenöffnende Element wie schon heute nur um die Gunst der Wähler gebuhlt wird um selbst den Machtanspruch zu sichern, nur das es nicht mehr um die kleinen Themen geht wie Steuern rauf oder runter sondern um wesentliche Elemente der Demokratie wie Trennung von Religion und Staat. Politiker getrieben von Machtgelüsten egal welcher Colour, aber definitiv nicht mehr der Sache verschrieben, sondern einzig sich selbst. Das Erscheinungs-Timing ist natürlich grandios gewählt, so kurz vor der Bundestagswahl 2021. Und mit knapp 200 Seiten eine gute Ergänzung zum tagespolitischen Geschehen. Fazit: Mich hat der Roman fasziniert und vor allem schwirrt er mit weiterhin im Kopf herum, auch wenn die Lektüre bereits einige Tage zurückliegt. Er regt zur Diskussion und zur Auseinandersetzung außerhalb der eigenen Bubble ein. Lesen, diskutieren, einbringen!