schnaeppchenjaegerin
Bettina wird 1958 in Braunschweig geboren und muss drei Jahre später miterleben, wie ihre Großmutter Constanze durch den Bau der Berliner Mauer von ihnen getrennt wird. Jahrelang haben sie keinen Kontakt mehr zu Constanze und Clemens und wissen nicht, was mit ihnen in der DDR geschehen ist. Bettina wächst in einer politisch bewegten Zeit in den 1960er- und 1970er-Jahren auf und interessiert sich sehr für das Tagesgeschehen. Sie verurteilt Konflikte wir den Vietnamkrieg, den Hass zwischen Arabern und Israelis und den Terrorismus, den sie in Deutschland während der Olympischen Spiele 1972 in München oder später während des "Deutschen Herbstes" erleben muss. Ihr Interessen möchte sie zum Beruf machen und Journalistin werden. Neugierig ist sie jedoch auch in Bezug auf ihre eigene Familie, denn wie schon Großmutter Constanze ihre Geheimnisse hatte, hat ihr auch Mutter Eva längst nicht alles aus der Vergangenheit erzählt. Erst als sich ein ihr bisher unbekannter Halbbruder aus den USA ankündigt, öffnen sich ihr ihre Eltern. "Erntejahre" ist nach "Libellenjahre" und "Wunderjahre" der abschließende dritte Band der Warthenberg-Saga. Er beginnt im Jahr 1958 mit der Geburt Bettinas und setzt damit nahtlos an Teil 2 an. Durch Rückblenden und Wiederholungen aus andere Perspektive ist ein Einstieg in den Roman problemlos möglich. Die Geschichte handelt auf zwei Zeitebenen und wird in ihrer Gegenwart aus der Sicht der heranwachsenden Bettina und in der Vergangenheit, die mit der Gegenwart gleichzieht, aus der Perspektive von Constanze geschildert. Auf diese Weise können die aufgetretenen Fragen aus Band 2 geklärt werden, denn endlich wird klar, was Constanze und Clemens erleiden mussten und warum kein Kontakt zu ihrer Familie im Westen möglich war. Im Rahmen der Geschichte der von Warthenbergs werden viele historische Ereignisse, die Deutschland bewegten, erwähnt und eingebettet. Der Roman wirkt damit sehr authentisch, allerdings kam mir dabei die eigentliche Familiengeschichte etwas zu kurz. Im Schweinsgalopp rast man durch die jüngere deutsche Geschichte von 50 Jahren auf nicht einmal 400 Seiten. Diese Hast wird durch die kurzen Sätze, die im Extremfall nur ein oder zwei Worte umfassten, noch verstärkt. Für meinen Geschmack passierte dagegen zu wenig in Bettinas Leben und die für ihre Person wichtigen Ereignisse wie das Kennenlernen ihres Halbbruders oder die Liebe zu ihrem Nachbarn wurden sehr schnell und wenig emotional abgehandelt. Gerade die Beziehung zu Mathias wirkte deshalb wenig glaubwürdig auf mich, die Begegnung mit ihrer Verwandtschaft in England war mir ein zu plumper Zufall und hätte durchaus anders gelöst werden können. Weiterhin fehlten mir in dem Buch Probleme der Charaktere oder Widersacher, die der Geschichte Spannung, Tiefe und mehr Pepp verliehen hätten. Die Protagonisten waren zu glatt und allesamt langweilig gutherzig. Wer Teil eins und zwei der Warthenberg-Saga gelesen hat, muss auch den Abschluss der Trilogie lesen, um wichtige Fragen beantwortet zu bekommen. Die Autorin verbindet auch im dritten Teil wieder geschickt historische Wahrheiten mit der fiktionalen Familiengeschichte, legt für mein Empfinden jedoch zu viel Aufmerksamkeit auf den Rahmen der Handlung und zu wenig auf Bettina und das, was sie persönlich bewegt. Im Vergleich zu den vielen - zwar interessanten - Fakten enthielt mir dieser Roman zu wenig Persönlichkeit und Emotionen.