hermunduh
Eine kanakische Revolution In Frankreich ein Riesenerfolg, bemüht sich Kanaky in Deutschland noch um den Durchbruch. Dabei bietet der Bericht, wie Andras sein Buch überraschend bescheiden nennt, durchaus viel Potential, um der deutschen Debatte um koloniale Schuld neuen Drive zu verpassen. Andras fächert in Kanaky die Geschichte des kanakischen Unabhängigkeitshelden/ Terroristen/ Nationalisten/Freiheitskämpfers (je nach politischem Blickwinkel) Alphonse Dianou auf, der 1988 von französischen Soldaten nach einer katastrophal fehlgeschlagenen Entführung mehrerer französischer Gendarmen unter ungeklärten Umständen starb. Eigentlich sollte es eine „friedliche Entführung“ werden, die aber außer Kontrolle geriet und schon in den ersten Stunden Menschenleben forderte. Für seinen spannendem, biografischen Roman besucht Andras in Neukaledonien diverse Zeitzeugen der fehlgeschlagenen Aktion, die eigentlich auf die Unterdrückung der Ureinwohner Neukaledoniens hinweisen sollte. Entstanden ist ein einfühlsames Buch über ein mieses Stück französischer Kolonialgeschichte. Wie sein Kollege Emmanuel Carrère in diversen Büchern vor ihm, macht sich Andras zum realen Anker der Ereignisse, um ein reales Bild des kanakischen Volkshelden Dianou zu formen. Wieso aus diesem Mann, der Ghandi liebte und eigentlich Priester werden wollte, ein Freiheitskämpfer gegen den französischen Postkolonialismus wurde, der sich irgendwann für den bewaffneten Widerstand entschied, beschreibt Andras eindringlich in diesem großartigen Buch. Kanaky: Auf den Spuren von Alphonse Dianou. Ein Bericht, Joseph Andras, Carl Hanser Verlag, München 2021, 320 Seiten, ISBN-10: 3446269134, 25 Euro