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stricki

Posted on 13.6.2021

Lebenszyklus "Wir denken, größenwahnsinnig, wie wir sind, wir erfänden uns selbst und die ganze Welt, aber wir wiederholen nur endlos dieselben Muster."(S.12) Margit Schreiner beschreibt ein ganzes Leben, nur aus Sicht der Protagonistin. Wie diese geboren wird, wie sie die Welt entdeckt, wie aus der riesig großen Welt und ihren lebendigen Spielgefährten eine kleine, schäbige, enge Wohnung und kaputtgeliebte, tote Puppen werden. Warum die Menschen zwischen 40 und 50 so unausstehlich sind, wie sich die Welt mit zunehmendem Alter wieder verkleinert, immer weiter reduziert. Fernreisen werden zu beschwerlich, und irgendwann bleibt nur noch die eigene Wohnung als sicherer Ort, irgendwann das eigene Bett und der Pflegeservice. Das ist besonders, und das muss man mögen. Hier gibt es keine Geschichte, die passiert, sondern alles ist auf die Empfindungen und Wahrnehmungen dieser Person reduziert, die die verschiedenen Phasen eines Lebens durchlebt. Das Buch hat keine Kapitel, es springt auch vom alten Menschen zum ganz jungen, und verdeutlicht damit die großen Unterschiede der einzelnen Altersstufen. Es ist direkt und schonungslos. Nichts wird verklärt oder romantisiert. Bestimmt könnte man auch mit einem freundlicheren, versöhnlicheren Blick auf das Leben schauen. Aber welchen Sinn hätte es, die Schmerzen eines alternden Körpers und das Schwinden des Geistes zu beschönigen oder zu verschweigen? Wobei die Abenteuer des Babys und Kleinkindes überaus erheiternd sind, der Blick auf die Eltern. Ich liebe die Sprache und die Gedankengänge von Margit Schreiner, ich kann darin abtauchen und mich darin verlieren. Von mir aus hätte das Buch auch doppelt so dick sein können, ich hätte gern noch mehr über die mittleren Jahre, die Mühen und Anstrengungen, die der Mensch in dieser Zeit bewältigen muss und womit er sich da über Wasser hält, lesen wollen.

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