Buchhandlung Almut Schmidt Kiel
Dieser Roman ist vor 75 Jahren erschienen und ist in Griechenland bereits ein moderner Klassiker. Die Autorin, Margarita Liberaki, zählt zu den wichtigsten Stimmen Griechenlands. Anhand von drei Sommern wird der Werdegang dreier Schwestern erzählt. Was bedeutet es, eine Frau zu sein? Dieser Text ist so zeitlos und immer noch von immenser Bedeutung, dass wir uns freuen können, dieses Werk erstmalig in deutscher Übersetzung, von Michaela Prinzinger, entdecken zu können. Drei Schwestern, Maria, zu Beginn des Romans 20, Infanta 18, und Katerina, die Jüngste, 16 Jahre alt, wachsen in einer Idylle nahe Athen auf. Auf den ersten Blick wirkt alles sorglos und die jungen Frauen erleben eine leichte, fast sorgenfreie Zeit. Es gibt auf dem Anwesen Bedienstete und der Alltag wird durch das Erleben der Natur, Lesen, Freunde treffen und gemeinsame Mahlzeiten geprägt. Auch wenn es Geschwister sind, unterscheiden sie sich sehr. Anhand von Kleinigkeiten und Altäglichem zeigt die Autorin die feinen trennenden Nuancen. Als Beispiel sind gleich am Anfang die Strohhüte auffallend oder die übertragenen Beete, beziehungsweise die Pflanzen, die sie zu versorgen haben. Anhand der Auswahl und Bepflanzung zeigt sich bereits der jeweils junge Charakter. Doch die Idylle ist nur eine scheinbare. Denn immer deutlicher werden die Risse und Verletzungen, die die Familie geprägt haben. Die Eltern leben in Trennung, die Geschichte der polnischen Großmutter und eine Vergewaltigung, die immer noch in der Gegenwart auf die Charaktere einwirkt. Die Erzählperspektive wechselt und immer mehr müssen die drei Schwestern ihren Platz im Leben finden. Anfänglich gaben sie sich ihren Träumen, liegend auf der Wiese, hin. Nun müssen sie für ihren Lebensweg Entscheidungen treffen. Kann man seine Freiheit trotz Ehe finden? Kann man seine Vollkommenheit nur finden, wenn man sich an jemanden bindet oder ist gerade das Gegenteil richtig? So stellt sich besonders die jüngste der Schwestern die Frage, ob sie auf Liebe und Familie verzichten muss, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Maria, die stets einen kleinen Hang zum Romantischen und Verklärten hat, will heiraten und denkt, die Liebe wird schon kommen. Infanta, die etwas Enthobenes, Unnahbares umwebt, macht Hand- und Hausarbeiten und liebt es, mit ihrem Pferd auszureiten. Es ist die Jüngste, die am meisten beobachtet und zwischen Freiheit, Liebe, Risiko, Häuslichkeit und künstlerischer Kreativität schwankt. Margarita Liberaki vermischt sehr gekonnt die Perspektiven und somit die Erzählstile. Ganz filigran lässt sie diese kleinen Veränderungen einfließen und besonders das Beobachten der kleinen Momente zeigt die enorme Wirkung auf die handelnden Figuren und charakterisiert diese dadurch. Der Roman zeigt die gesellschaftlichen Grenzen und Möglichkeiten. Das Damalige strahlt seine Aktualität aber immer noch in unser Jetzt. Sehr einfühlsam und mit einer wunderbaren Sprache gelingt es der Autorin, die Geschichte persönlich erlebbar zu machen und man versinkt in jenen drei Sommern. Die Autorin wurde 1919 in Athen geboren und schrieb bereits während ihres Studiums. Sie lebte lange in Paris, wo sie Jean-Paul Sartre kennenlernte und Albert Camus zu ihrem Bewunderer wurde. Sie starb im Jahr 2001. Das Buch hat die Sonne Griechenlands in sich und erzählt eine realistische Geschichte dreier Frauen. Der Roman wirkt wie die Lieder, die die Protagonisten singen. Er hat etwas Klares, Melancholisches, etwas in alten Kulturen Verwurzeltes und Wunderschönes.