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Buchhandlung Almut Schmidt Kiel

Posted on 11.6.2021

Bücher sind Tore in andere Welten. „Das Meer der Libellen“ ist ein Roman, der uns neben dem Entwicklungsverlauf der Protagonistin auch viel aus der Welt zeigt. Aber auch immer wieder das Meer. Das Meer als Badestelle, Sehnsuchtsort, Lebensgrundlage und auch als Bedrohung. Auch die Gezeiten nehmen Einfluss auf die Menschen. Die Handlung beginnt auf Pate, einer Insel vor der Küste Kenias. Munira hatte einst einen Mann kennengelernt, der aber niemals ernste Absichten verfolgte und sie, als sie ungewollt schwanger von ihm wurde, alleine ließ und aus ihrem Leben verschwand. Sieben Jahre später ist ihre Tochter Ayaana ein kluges, wissbegieriges Mädchen, das sich stets vom Meer angezogen fühlt. Sie trägt, so heißt es, das Meer in sich. Sie badet gerne vor Sonnenaufgang und lässt sich gerne treiben. Auf dem Weg zum Meer lernt sie den ehemaligen Matrosen Muhidin kennen. In ihm findet sie ihren Vaterersatz und nimmt ihn auch ein in dieser für ihn neuen Rolle. Er prägt sie und kann ihr auch einiges beibringen. Dies wiederum schließt sie vom Schulunterricht und den anderen Kindern der Insel aus. Doch wird sie immer erwachsener und kann sogar später ihre Schulprüfung mit guten Noten ablegen. Die Meeresgezeiten und die Zeiten auf der Insel verheißen nicht immer Gutes. Auf der Insel werden die Ereignisse der Welt angespült und stranden mal kurz oder länger. So kommen zum Beispiel Extremisten oder Terroristen auf die Insel, die Zuflucht oder Mitstreiter zu rekrutieren versuchen. Naturgewalten aber auch China greifen nach der Insel. Ayaana muß sich einigen einschneidenden Ereignissen in ihrem Leben stellen. Auch ihre Mutter hat mit ihrem Schicksal zu kämpfen und Muhidin, der für Ayaana, wie ein Vater war, begibt sich auf eine Reise, um in seiner eigenen Familiengeschichte Klarheit zu bekommen. Ayaana erhält die Möglichkeit, nach China zu gehen und verlässt Pate. Ihre Reise wird durch Bildung und die Liebe geprägt. Die eigensinnige und zuweilen selbstbewusste Ayaana wird durch Selbstfindung getrieben und ihre Reise wird, soviel sei verraten, letztendlich eine Rundreise werden. Das Meer als Bild der Gezeiten und wechselnden Stimmungen sind Ausgangspunkt dieser Coming-of-Age-Geschichte. Die Insel bildet dabei ein Fixum des Weltgeschehens. Die Natur taucht auf als zerstörerisches aber auch als helfendes Element, gleich den Menschen, die diese bevölkern. Die Geschichte, die diesem Roman zu Grunde gelegt wurde, ist wahr. Doch hat sich die Autorin davon auf künstlerische Weise entfernt. Es ist die Geschichte einer jungen Kenianerin, die als Nachfahrin eines Seefahrers aus der Ming-Dynastie ein Stipendium für ein Studium in China erhielt. Das Buch hat eine gewisse Faszination und bildet eine gewisse Spannung auf den Verlauf und seine Figuren. Ein Roman voller weltpolitischer Geschehen, der aber vorrangig eine individuelle Entwicklung in den Vordergrund stellt. Die übergeordnete Erzählstimme bleibt meist bei Ayaana, springt aber auch zu den anderen Charakteren und Orten, um der ganzen Geschichte mehr Raum zu geben. Dabei könnte man das Gefühl bekommen, es sei hier und dort etwas übervoll, aber genau dies ist es auch, das ein rundes und erlebnisreiches Leseabenteuer verspricht. Somit entsteht ein Sog, der einen an diese Geschichte fesselt. Die Sprache, die aus dem Englischen von Simone Jakob übersetzt wurde, hat etwas Sinnliches und ist gefüllt mit einfühlsamen Metaphern und Bildern.

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