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Buchhandlung Almut Schmidt Kiel

Posted on 11.6.2021

Shahriar Mandanipur ist ein bekannter und ausgezeichneter iranischer Autor. „Augenstern“ ist ein großer Liebes- und Gesellschaftsroman. Am Anfang lernen wir Amir kennen, der seinen Blick in die Natur schweifen lässt. Dabei strömen die Gedanken auf ihn ein. Amir ist traumatisiert durch den Krieg und die Verwundungen an Körper und Seele. Er versucht den Verbleib seines rechten Armes und den Verlust seiner großen Liebe im Leben zu rekonstruieren. Seine Erinnerungen bestehen aus zerfetzten Bildern. Immer wieder träumt er von einer mysteriösen Frau und dem Besuch eines Basares. Reflexartig sucht seine verbliebene Hand seinen Ring. Die eigentlichen Erzähler des Romans sind die Schreiberengel. Gemäß islamischer Tradition schreiben sie die guten und die schlechten Taten auf. Sie sitzen auf den Schultern und halten Zwiesprache über das Vergangene aus Amirs Leben. Auch dieser meldet sich selbst zu Wort, erinnert sich, will seine Gedanken fixieren und eventuell bei den Notizen der Schreiberengel einlenken. Früher war Amir ein Lebemann und er liebte sein freizügiges Leben. Davon ist lediglich das alte Cabriolet übrig, mit dem er zu Zeiten des Schahs noch Aufsehen erregte. Nun ist er von der iranisch-irakischen Front zurückgekehrt und hat Probleme, seine Innen- mit der Außenwelt in Verbindung zu bringen. Er lebt in Erinnerungen oder in irregeleiteten Fantasien. Etwas möchte aus seinem Unterbewusstsein hervorbrechen. Was ist das für eine Geschichte mit seinem Verlobungsring? Wo ist die Frau, die er so geliebt hat? Wissen seine Mutter und seine Schwester, die auch ihre persönliche Geschichte hat, mehr? Seine Erinnerungen, die guten und die schlechten, vereinen sich zu einem persönlichen Schicksal. Diese gedankliche Reise hat etwas Märchenhaftes. Auch die früheren Aufzeichnungen der Schreiberengel bleiben für uns nicht verborgen und somit baut sich Stück für Stück die ganze Geschichte auf. Es ist die Geschichte Amirs und die Geschichte der Region. Gewalt, Krieg, Manipulation und Lügen bilden die eine Seite. Aber es gibt auch noch den anderen Schreiberengel, der zu berichten weiß. Es ist die Suche nach der großen Liebe. Amirs Körper und Unterbewusstsein haben das Wissen in sich, er muss es nur selbst freilegen. Das Erzählkonstrukt ist eigenwillig und aufwendig durchdacht. Amirs Geschichte wird immer vielschichtiger. Im Krieg hat Amir sich mit Schuld beladen und letztendlich wirft ihn die Verwundung durch die Granate zurück. Zurück in sein wohlhabendes Elternhaus. Zurück in seine verlorenen Erinnerungen. Viele Stimmen und Stimmungen werden im Roman eingefangen. In der persönlichen Tragödie der Figur gibt es stets Verweise auf die Entwicklung eines zerrütteten Landes. Der Text lebt durch die Naturbeschreibungen, das Darlegen der Kriegsgeschehnisse, die groben und sinnlichen Beobachtungen des Zwischenmenschlichen und letztendlich von der Liebe. Ein Roman voller Miniaturen, die stets den Blick auf das Große werfen. Ein abwechslungsreicher Roman, der neben Tragischem auch viel Humor beweist. Ein Roman, der uns ein bisschen mehr unsere Welt erklärt. Übersetzt wurde das Buch aus dem Englischen von Regina Schneider.

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