Gabriele
Eigentlich wollte Aleksy in den Ferien mit seinen Schulfreunden Jim und Kalo nach Amsterdam fahren. Jahrelang hatte er auf diesen Ausflug gespart. Doch nun macht ihm seine Mutter einen Strich durch die Rechnung. Sie überredet ihn, mit ihr nach Frankreich zu reisen. Der Ich-Erzähler Aleks ist ein sehr aggressiver Jugendlicher, der seine Mutter hasst und kein gutes Haar an ihr lässt. Auslöser war wohl der viel zu frühe Tod seiner geliebten jüngeren Schwester, der die Familie zerstörte. „Mika war der einzige Grund dafür, uns ein paar Jahre lang als eine Familie zu empfinden und uns nicht mit einem Mal wie die tollwütigen Hunde, die wir waren, an die Kehle zu gehen.“ (Seite 39) Mika hinterließ „eine schuldbeladene Leere, die uns alle zerbröselte wie die Windschutzscheibe eines Autos“ (Seite 103). Aleks, der in einer Schule für schwer Erziehbare landete, springt in seiner Erzählung von längst vergangenen Episoden ins Jetzt und wieder zurück. So füllt sich nach und nach das Puzzle seines Lebens voller Unglücke. Entgegen seiner Vorstellung verändert der Sommer mit seiner Mutter sein Verhältnis zu ihr sehr positiv. Plötzlich erfährt er, wie fragil das Leben ist. Während er Angst hat, sie zu verlieren, entdeckt er die Schönheit ihrer Augen. Sagte er in Kapitel 11 noch „Die Augen meiner hässlichen Mutter waren die Reste einer fremden und sehr schönen Mutter", ist er in Kapitel 49 davon überzeugt: „Mutters Augen waren die Fenster eines Unterseebootes aus Smaragd“. »Der Sommer, als Mutter grüne Augen hatte« war der erste Roman von Tatiana Tîbuleac und wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet. Sie wurde 1978 in Chişinău in der heutigen Republik Moldawien geboren und lebt seit 2008 als Schriftstellerin in Paris. Mich hat an diesem Roman besonders berührt, wie aus Hass Liebe wurde. Wie der aggressive Jugendliche reifte und Verantwortung übernahm. Auch wenn sein Unglück etwas zu viel wurde, scheint er seinen Platz im Leben gefunden zu haben.