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Ein Ost/West-Roman im Schatten der Tschernobyl-Wolke blickt auf ein Stück deutsche Zeitgeschichte, die sich im Beziehungs-Wirrwarr zwischen zwei Paaren spiegelt. Es geht also um einen „historischen“ Beziehungsroman, der sich eng am Leben „ganz normaler“ Menschen und ihrem Alltag im Berlin des Jahres 1986 orientiert. Hier werden keine Helden vorgeführt, auch die ewige große Liebe wird nicht gefunden. Die vier Hauptpersonen sind „Normalos“; sie eigenen sich kaum als Projektionsfläche für die ganz großen Gefühle oder spektakuläre Lebensentwürfe. Es geht um die Suche nach dem kleinen Glück, um Hoffnungen, um Enttäuschungen und um biografische Hypotheken, die in die Gegenwart hineinreichen.Keiner der Protagonisten weiß wirklich, wie Leben funktioniert; es sind keine perfekten Lösungen in Sicht. Privates wird in einen Kontext gestellt, der inzwischen sehr fremd geworden ist. Seit der Existenz der beiden deutschen Staaten ist nicht einfach nur Zeit vergangen. Mit der DDR ist eine Ära untergegangen, die in diesem Berlin-Panorama noch einmal zum Leben erweckt wird. Dabei spielt die Politik nicht die Hauptrolle – sie nistet sich in den persönlichen Verläufen und Entscheidungen ein, sie ist indirekt präsent (und viellicht gerade deshalb tatsächlich spürbar). Die eigentliche Handlung erscheint fast nebensächlich, in diesem zeitgeschichtlichen Stimmungsbild. Ob die heimliche Liebe zwischen Nachbarn gelingt, wohin sie führt – das entscheidet nicht über die Qualität dieses Romans. Wichtiger ist, dass man eine Idee von dem Lebensgefühl dieser Zeit bekommt. Eine weitere Qualität des Romans von RAETHER liegt zweifellos in seiner sprachlichen Orginalität. Es gelingt dem Autor immer wieder, sowohl ungewöhnliche als auch treffende Sprachbilder zu produzieren – ohne dass diese irgendwie zu gewollt oder konstruiert wirken. Das steigert den Lesegenuss. Wer in diesem Roman eine fesselnde Story sucht, sollte die Hände davon lassen. Wer sich für ganz private Brüche und Widersprüche in einer besonderen Zeit interessiert, wird sich bestimmt nicht langweilen und dabei auf ein paar sprachliche Leckerbissen stoßen.