Profilbild von sursulapitschi

sursulapitschi

Posted on 4.6.2021

In seiner Eigenschaft als Journalist bekommt Alexander Osang den Auftrag, einen Ostdeutschen zu portraitieren, eine Art Bericht über die ostdeutsche Seele zu verfassen. Dazu möchte er seinen alten Freund Uwe befragen und schließt sich an, als der mit seiner Mutter eine Schiffsreise nach St. Petersburg unternimmt. Allerdings wird ihm schnell klar, dass er eigentlich sich selbst befragen könnte. Erinnerungen an sein Aufwachsen in der DDR, die Zeit der Wende und auch danach hat er selbst genug. Und ist Uwe überhaupt ein „Vorzeige-Ossi“, gibt es den überhaupt? Was trägt man mit sich herum, wenn man in der DDR aufgewachsen ist und kann man das ablegen? Wie passt das Bild, das die Welt von Ostdeutschen hat zur Realität? In schöner Sprache und mit einer guten Portion Selbstironie erzählt der Autor von seinem und auch von Uwes Leben, bedenkt, betrachtet, erinnert, was durchaus einigen Charme hat. Allerdings gehen seine Gedanken in alle Richtungen, schweifen hin und her, die Schiffsreise ist nur ein sehr loser roter Faden. Es ist klug und interessant, langweilt nicht, fesselt aber auch nicht sehr. Ein bisschen mehr Struktur mit einem Anflug von Handlung hätte mir besser gefallen. Das Hörbuch dauert 5 Std. und 50 Min und wird gelesen von Stefan Kaminski, dessen Interpretation dem Buch ein Upgrade verpasst. Er kann aus dem Stand berlinern oder sächseln wenn es erforderlich ist und illustriert das Geschehen wunderbar. Nach kürzester Zeit vergisst man, dass da jemand liest und denkt, der Autor spricht persönlich. Vielleicht kann man dieses Buch am besten als biographische Impressionen eines ostdeutschen Globetrotters verstehen. „Alles ist genau so passiert, soweit ich mich erinnere.“

zurück nach oben