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gwyn

Posted on 3.6.2021

Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine 3700 bis 4100 Jahre alte, kreisförmige Bronzeplatte mit Applikationen aus Gold, und sie ist die älteste bisher bekannte konkrete Himmelsdarstellung. Sie stammt aus der Aunjetitzer Kultur, aus der frühen Bronzezeit Mitteleuropas, zeigt astronomische Phänomene und religiöse Symbole, und gehört seit 2013 zum UNESCO-Weltdokumentenerbe in Deutschland. Zur Himmelsscheibe von Nebra gehört eine interessante Auffindegeschichte, ein kriminelles Schatzsucherspektakel. Alles beginnt mit Rüdiger und Ronny, den zwei Raubgräbern, die mithilfe eines Metallsuchgeräts die Scheibe und weitere Artefakte im Waldboden entdecken. Zunächst dachten sie, einen alten Eimerdeckel gefunden zu haben; entsprechend rabiat gingen sie ans Werk. Bis ihnen dämmerte: Der Deckel ist ein Schatz! Der archäologisch bedeutende Fund wechselte 1999 schnell seine Besitzer gegen 30.000 DM an ein Hehlerpaar, wurde für 230.000 DM weiterverkauft und verschand. Doch die Polizei forschte weiter und kam der Sache auf die Spur. In der Schweiz fasste man die «neuen Besitzer», die die Ware anboten und die Artefakte gelangen endlich nach Halle in das Museum, wo sie hingehören. Im zweiten Teil vom Buch wird der millionenschwere Schatz erklärt: Über 3000 Jahre lag die goldverzierte Scheibe mit Schwertern, Beilen und Armreifen tief vergraben. Es stellte sich den Archäologen die Frage: Wozu hat diese Scheibe gedient? Es wird nun erklärt, wie die Altertumswissenschaftler das Zeitalter und Die Herkunft der Artefakte bestimmten, wie man Bronze herstellte und wie man darauf kam, welchem Zweck diese Himmelsscheibe diente. Das ist sehr verständlich, aber auch recht differenziert dargelegt. Es folgen ausführliche Informationen zur Bronzezeit. Am Ende gibt es das Schatzsucher Handbuch – es werden die Dinge aufgezählt, die man zum Graben benötigt und Begriffe von A-Z werden erklärt. Marie Geissler hat die Geschichte mit witzigen Illustrationen bereichert. Begleitenden Zeichnung und einseitige Grafiken, die mir besonders gefielen: Ein reales Foto dient als Grundlage, das dann zeichnerisch als Collage bearbeitet wird, gezeichnete Figuren eingefügt sind. Am Ende hätte ich mir ein reales Foto der Scheibe und der Artefakte gewünscht, denn die sind äußerst sehenswert. Der erste Teil vom Kindersachbuch ist eine reale Gaunergeschichte. Denn den Raubgräbern ist bewusst, dass sie den Fund hätten melden müssen, ihn auf keinen Fall behalten durften. Das ist spannend und witzig geschrieben. Im zweiten Teil wird es trockener, denn hier geht es um Sachverhalte. Der E.A. Seemann Verlag gibt ein Lesealter von 8 - 10 Jahre an. Das halte ich für den zweiten Teil für zu tief gesteckt. Meine Empfehlung liegt bei ab 10 Jahren. Für wen ist dieses Kindersachbuch geeignet? Auf jeden Fall sollten die Kinder ein Interesse an Geschichte, Archäologie und / oder an realer Schatzsuche mitbringen. Das Wissen ist differenziert aufgearbeitet und findet meiner Meinung nach nur Interesse, bei dieser Klientel. Mir hat gefallen, dass die Raubgraberei mit allen Konsequenzen aufgezeigt wird, mit Haftstrafen für Räuber und Hehler. Titel und Cover sind leider reißerisch gewählt und können so die falsche Zielgruppe ansprechen. Mit Pizza hat die das Ganze gar nichts zu tun, die Bronzescheibe ist in Einheiten aufgeteilt und das ist schon alles. Das Titelbild zeigt Kinder auf Schatzsuche – Kinder kommen in dem Buch nicht vor. Laut Verlag gibt es Mitmachaufgaben für die Leser: «Durch lustige Fotos und Zeichnungen, zielgruppengerecht verpackte Informationen und Mitmach-Angebote wird auch der größte Lesemuffel inspiriert und aktiviert.» Die Mitmach-Angebote habe ich nicht gefunden. Und Lesemuffel werden garantiert an dem Buch scheitern! Ein prima Kindersachbuch für archäologisch interessierte Kinder. Silke Vry ist auf das Thema Archäologie im Kinder- und Jugendbuch spezialisiert. Sie hat Klassische Archäologie und Kunstgeschichte studiert und unterrichtet Kinder an der Grundschule. Bei E. A. Seemanns BILDERBANDE erschien von ihr 2016 das Activity-Buch «Lass krachen! Antike Erfindungen zum Nachbauen» und 2019 «Durch den Dschungel zu den Maya. Die abenteuerliche Expedition von Stephens und Catherwood» (illustriert von Verena Herbst). Für das Buch «Verborgene Schätze, versunkene Welten. Große Archäologen und ihre Entdeckungen» (Gerstenberg Verlag) war sie für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert (mit Martin Haake als Illustrator). Marie Geissler ist Illustratorin und Designerin. Sie studierte 2001 bis 2007 Visuelle Kommunikation an der Bauhaus-Universität in Weimar und an der Universidad Politecnica de Valencia in Spanien. Seit 2009 wohnt sie mit ihrer Familie in Berlin Kreuzberg und arbeitet für verschiedene Verlage und Agenturen wie Beltz & Gelberg, Cornelsen und den Jaja Verlag. Mit Hingabe übt sie sich im blitzschnell-Ideen-entwickeln und zeichnen in der wunderbaren Zeichenwunschmaschine «Illumat», ein Gemeinschaftsprojekt aus Weimar, live zu erleben auf Messen und Veranstaltungen.

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