Profilbild von herbstrose

herbstrose

Posted on 3.6.2021

Freier Wille vs. Hypnose … Im August 1926 macht eine deutsche Familie im italienischen Badeort Torre di Venere Urlaub, wo sie im Grand Hotel abgestiegen sind. Sie fühlten sich jedoch nicht wohl dort, weil eine nationalistisch aufgeladene Stimmung herrschte und die überwiegend italienischen Gäste offensichtlich bevorzugt behandelt wurden. Nach einigen Beschwerden zogen sie in eine kleinere Pension um, deren Wirtin überaus nett und freundlich war. Als sich gegen Ende ihres Urlaubs der Zauberkünstler Cipolla ankündigte, drängten die Kinder darauf, die Vorstellung zu besuchen. Dieser Zauberkünstler entpuppte sich allerdings mehr als begabter Hypnotiseur dem es ohne Mühe gelang, einigen Personen im Publikum seinen Willen aufzuzwingen und sie der Lächerlichkeit preiszugeben. Als dann Kellner Mario auf die Bühne gerufen wird, bahnt sich ein Drama an … Thomas Mann (1875-1955) war ein deutscher Schriftsteller und einer der bedeutendsten Erzähler des 20. Jahrhunderts. Nach der Machtübernahme Hitlers emigrierte der überzeugte Gegner des Nationalsozialismus mit seiner Familie 1933 zunächst in die Schweiz und dann 1938 in die USA. Er schrieb unzählige Romane, Erzählungen, Novellen und Essays, für die er zahlreiche Ehrungen und Preise erhielt und für die er 1929 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. Viele seiner bekanntesten Werke wurden auch verfilmt. 1944 nahm Thomas Mann die amerikanische Staatsbürgerschaft an und kehrte 1952 zurück in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tod in Zürich lebte. In der 1930 erschienenen Novelle „Mario und der Zauberer“, der, nach seinen eigenen Aussagen, eine wahre Begebenheit zugrunde lag, schildert Thomas Mann in der Person eines Familienvaters als Ich-Erzähler seine Erlebnisse während eines Italienurlaubs in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Dabei zeigt sich sehr gut die Stimmung nach der Machtübernahme Mussolinis und die bereits aufkommende Fremdenfeindlichkeit. In der Person des Zauberers und Hypnotiseurs Cipolla wird sehr eindringlich die Gefahr verdeutlicht, die von einer machtbesessenen Person ausgehen kann der er es gelingt, einzelne Personen, eine Gruppe oder gar ein ganzes Volk zu manipulieren und seinen Willen aufzuzwingen. Mit seiner bildgewaltigen Sprache schafft es der Autor, den Leser zu fesseln und ihn tief in das Geschehen hinein zu ziehen. Die schwüle Hitze der Augusttage, die emotional aufgeladene Stimmung der Einheimischen sowie die angespannte Atmosphäre während der abendlichen Zaubervorstellung sind hautnah zu spüren. Durch das schon gleich zu Anfang angekündigte „Ende mit Schrecken“ lässt sich eine Anspielung auf die faschistische Bewegung mit seinen späteren tödlichen Folgen erkennen. Das Thema „Willensfreiheit“ wird dabei ebenfalls stark thematisiert, und ist wohl, betrachtet man den Ausgang der Geschichte, die versteckte Aufforderung, sich gegen jegliche Manipulation zu wehren. Fazit: Ein Klassiker der deutschen Literatur und eine zeitgeschichtliche Momentaufnahme.

zurück nach oben