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monerl

Posted on 28.5.2021

Meine Meinung Vor 111 Jahren, am 27.05.1910 ist Robert Koch gestorben. Der Mann, dessen Name uns nun schon seit Beginn des Coronaausbruchs in Deutschland im Jahr 2020 begleitet. Denn das Robert-Koch-Institut ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention, wie man auf der Seite des RKI nachlesen kann. Wer war Robert Koch, dass so ein wichtiges Institut nach ihm benannt wird? Er entdeckte den Tuberkulose-Erreger, entwickelte das „Tuberkulin“, erforschte die Cholera und entwickelte neue Forschungsmethode und Färbetechniken, mit denen man Bakterien nachweisen konnte. Dies lesen wir unter anderem im ersten Teil des literarischen Sachbuchs von Michael Lichtwarck-Aschhoff. Hier treffen wir auch auf den Arzt und Mikrobiologen Walther Hesse und seine Frau Fanny, mit deren Hilfe über Agar-Agar, dem pflanzlichen Geliermittel, Bakterien festgesetzt und vermehrt werden konnten. Im ersten Teil erfahren wir auch, wie Koch die „gesunden Bazillenträger“ Kopfzerbrechen bereiteten. Denn, wo Bazillen waren, gab es Krankheiten. Wie konnten also Leute von Bazillen befallen sein und keine Krankheitssymptome haben? Wie und durch welche Maßnahmen Robert Koch die Typhus-Epidemie in Trier unter Kontrolle zu bekommen versuchte, bereitet die Leserschaft etwas auf den zweiten Teil in Deutsch-Ostafrika vor. Über Johann Kindsmüller, der als Soldat Teil der zweiten Expeditionsgruppe nach Afrika an den Viktoriasee war und deswegen in psychologischer Behandlung ist, die nunmehr schon 20 Jahre andauert, wird die Leserschaft in das dunkelste Kapitel von Robert Kochs Seuchenbekämpfung mitgenommen. Die Schuld, die Robert Koch und alle Teilnehmenden dort auf sich geladen hatten, in dem sie die an der Schlafkrankheit erkrannte afrikanische Bevölkerung in abgeschotteten Lagern zusammenpferchten und sie als menschliche Versuchsopfer missbrauchten, mit Gift behandelten und trotz aller Nebenwirkungen, wie dauerhaften Erblindungen, weiter machten, ist sehr groß. Dieser zweit Teil ist voll von Rassismus, Unterwerfung, Unterdrückung, Ausrottung der Seuche, des Schlechten, des Aufstandes (Maji-Maji-Aufstand) der Bevökerung als Vorbereitung der Kolonialisierung und den Bau der Usambarabahn in Deutsch-Ostafrika. „Der Professor glaubte, an den Gleisen, das sei die Seuche. Er selbst würde mit dem größeren Teil des Expeditionskoprs, wie geplant, weiter zum Victoria-See ziehen. Oberarzt Stuhlinger sollte die Lage an den Gleisen aufklären und das Notwendige veranlassen. Der Professor gab ihm freie Hand zu tun, was eben getan werden musste. Was immer es kostete.“ (Buch S. 109) Nach alledem fällt es nicht schwer nachzuvollziehen, warum der Patient Kindsmüller in all den Jahren diese Expeditionsreise psychisch nicht verarbeiten konnte. Dabei verarbeitet der Autor geschickt einige Originalzitate Kochs, die offenlegen, um was es auf dieser Expedition ging. Danach geht es zum dritten und letzten Teil, der seitenmäßig recht kurz ist, nach New York, wo Robert Koch Mary Mallon kennenlernen sollte, die als „Typhoid-Marry“ bekannt wurde. Sie war eine gesunde Typhus-Trägein, die nie erkrankte aber über Jahre hinweg viele Menschen ansteckte und dafür auf Lebenszeit eingesperrt wurde. Doch Koch lernte Mary nie persönlich kennen, da er dort selbst erkrankte und unwürdige Darmspülungen über sich ergehen lassen musste. „Ich halte gar nichts von der Vorstellung Ihres deutschen Herrn Koch wir seien eine Art Gefäß, das möglichst sauber gehalten werden muss, nichts Fremdes darf sich darin aufhalten, das Fremde sei schon die Krankheit.“ (Buch S. 275) Letztendlich ist dies ein spannendes Buch über den Mikrobiologen Robert Koch, der bei näherer Betrachtung aus heutiger (und vielleicht auch damaliger) Sicht ein bisschen zu stark seinem Forscherdrang nachgab und damit seine vermeintliche „weiße Weste“ beschmutzte. Der Autor Michael Lichtwarck-Aschoff betrachtet in seinem Buch Abschnitte aus Robert Kochs Leben und wirken, über die diskutiert werden darf und soll. Es sind die zwei Seiten der „Forschungs-Medaille“, die betrachtet werden müssen. Was darf Medizin, was darf Forschung? Wo wären wir heute ohne solche Forscher und Entdecker? War es der damalige Zeitgeist oder spielt auch Gesinnung eine große Rolle? Und gerade auch in Verbindung mit der derzeitigen Forschung und Suche nach einem Impfstoff gegen Covid-19 und die Immunisierung der Menschen, wie weit darf gegangen werden, um Massen zu retten? Wie sollten Impfstoffe verteilt werden und wie sieht es praktisch aus? Fazit Ich habe sehr viel gelernt durch dieses Buch. Die weitere Recherche über die Geschehnisse und Personen, die im Buch vorkommen, haben mein Wissen in den Bereichen deutsche Kolonialgeschichte, medizinische Forschung und Mikrobiologie erweitert. Noch besser hätte es mir jedoch gefallen, wenn diese drei Teile ausgewogener und feiner miteinander verbunden gewesen wären. Obwohl der Autor im Nachwort erwähnt, dass die Episoden im Buch fiktional sind, hätte ich gerne deutlicher gewusst, was genau ausgedacht war und was nicht, ohne alles recherchieren zu müssen. Eine Auflistung der echten und der erfundenen Personen hätte mir auch schon weitergeholfen. Dennoch ein außergewöhnliches Buch in außergewöhnlichen Zeiten, das sich zu lesen lohnt!

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