girasole
Was geschah genau vor 7 Jahren? Nachdem das letzte Buch des Autors um die Weihnachtszeit angelegt war, befinden wir uns jetzt im Februar, der Frühling steht vor der Tür und die Mandelbäume blühen, ebenso existiert Corona bereits in China und kommt immer näher und wird zu dieser Zeit noch völlig unterschätzt. In einem Steinbruch nahe Les Baux findet derzeit eine Kunstausstellung statt und dort wird die Leiche des Detektivs Patrick Ripert gefunden – ihm wurde die Kehle durchtrennt und in seiner Manteltasche befindet sich lediglich der Führerschein. Er wurde erst vor kurzem von Charles Féraud damit beauftragt, ein Bild der Malerin Adry Novoli zu finden, welches aus seinem Haus verschwunden ist. Jetzt wird stattdessen seine Leiche gefunden. Capitaine Roger Blanc und seine Kollegen müssen den Mord aufklären, vielleicht finden sie nebenbei auch noch das Bild. Der Gedanke, daß die beiden Vorkommnisse zusammenhängen drängt sich fast auf. Féraud war begeisterter Sammler der Bilder von Adry und meint, daß es nur einer aus seiner Familie oder ein Freund/Bekannter entwendet haben könnte, denn Einbruchspuren gibt es keine. Die Familie Féraud ist vor 7 Jahren von Paris in die Provence auf einen Mandelhof gezogen. Charles hat eine wesentlich jüngere Frau Sonia. Außerdem Sohn Bruno, der aus einer früheren Beziehung stammen muß und der sich intensiv mit der Bewirtschaftung des Hofes befaßt. Ferner hat er noch zwei erwachsene Kinder mit seiner jetzigen Frau. Diese leben auch auf dem Hof, und zwar vor allem aus Geldgründen. Sohn Baptiste liebt das flotte Leben und als Hobby kümmert er sich um alte, ungelöste Kriminalfälle. Hier scheint ein Familiendrama, das sich vor 7 Jahren in der Gegend zugetragen hat, sein besonderes Interesse erweckt zu haben. Tochter Dorothée braucht ständig Geld für ihre Drogen und begleitet deshalb bevorzugt ältere Herren. Die Freunde von Charles bestehen hauptsächlich aus einem Arzt, der auch vor 7 Jahren hierher gezogen ist, dem Ausstellungsdirektor Maurice Pavy, einem Lehrer im Rollstuhl und einer Galeristin, die ihm die Bilder verkauft. Bei den Nachforschungen stellt sich bald heraus, daß hier keiner eine weiße Weste hat, hinter jeder Figur gibt es ein Geheimnis. Man kann sich die Lage ungefähr so vorstellen, es gibt ein großes Brett, darauf sind alle Spielfiguren und der Autor schiebt sie mit seinen gewonnenen Erkenntnissen hin und mit neuen Hinweisen wieder her. Das gestaltet sich durchaus kompliziert, denn manches wird relativ schnell wieder auf den Kopf gestellt. Bei den Ermittlungen stellt sich als hindernd heraus, daß Roger Blancs Chef Nkoulou auch in die Sache verstrickt ist. Das Ende und die Auflösung gingen mir fast zu schnell, bieten aber auf jeden Fall noch einige Überraschungen. Ich lese sehr gerne die Bücher von Cay Rademacher, egal ob sie im Hamburg oder in der Provence spielen. Das letzte Buch habe ich leider enttäuscht zugeklappt und ich bin froh, daß er mit diesem Krimi wieder zu seiner bekannten Form zurückgefunden hat. Der Autor liebt die Provence und ihre Menschen, das spürt man. Er beschreibt die Landschaft und die Atmosphäre so bildhaft, man möchte gleich hinreisen. Die Schreibstil läßt sich wie immer flüssig und spannend lesen, Cay Rademacher nimmt seine Leser mit, gibt Hinweise, läßt rätseln – natürlich auch in völlig falsche Richtungen - und überrascht mit dem Finale. Positiv fand ich, daß es zwischen Roger und Paulette endlich gefunkt hat, er scheint angekommen zu sein. Ich fühlte mich wieder sehr gut unterhalten und empfehle das Buch sehr gerne weiter!