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nina 🌸

Posted on 17.5.2021

Eine schöne Geschichte mit einer wichtigen Botschaft. Zur Geschichte und Thematik: Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, weil ich zum einen generell gerne LGBTQIA-Romane lese und zum anderen gespannt war, wie die Transgender-Thematik hier umgesetzt würde, da die Autorin selbst Teil der LGBTQIA-Community ist und dementsprechend mit den Themen vertraut. Ich finde, dass sich jede:r mit dieser Thematik auseinandersetzen oder sich zumindest darüber informieren sollte, um einen Beitrag zu einem respektvollen und wertschätzenden Umgang miteinander und einer toleranten Gesellschaft leisten zu können, denn das ist so, so wichtig! Für mich ist Lesen die schönste Möglichkeit, sich damit zu beschäftigen und mich in Personen mit etwaigen sexuellen Orientierungen und Identitäten einfühlen zu können und obwohl ich mittlerweile schon so viele LGBTQIA-Romane gelesen habe, lerne ich doch jedes Mal wieder etwas Neues dazu und das ist einfach toll! Es sollte noch so viel mehr Bücher darüber geben, zur Transgender-Thematik war dieses hier nämlich auch erst mein zweites und ich finde schon, dass Bücher stark zu einer wachsenden Sensibilisierung und Normalisierung beitragen können. Soweit ich es von außen beurteilen kann (also eigentlich gar nicht), hat die Darstellung auf mich authentisch gewirkt. Ich habe auf Bookstagram schon von vielen gehört, dass es nicht so sei, aber diese Aussage finde ich ebenso schwierig, da letzten Endes doch immer alles individuell ist. Nicht jede:r empfindet das Gleiche gleich und das ist auch gut so. Ich ordne mich selbst nicht dem LGBTQIA-Spektrum zu, aber selbst wenn ich es täte oder gar selbst einen Transgenderhintergrund hätte, könnte ich es mir meiner Meinung nach nicht anmaßen, die Darstellung hier als nicht authentisch zu bezeichnen, nur weil ich ganz anders denke und fühle als Fynn. Was ich damit sagen will ist, dass eigentlich jede Geschichte authentisch ist, weil es sicherlich irgendwann irgendwo auf der Welt mindestens eine Person genauso empfunden hat und Geschichten ebenso einzigartig sind wie die Menschen, von denen sie handeln. Natürlich kann es sein, dass die Mehrheit der Betroffenen es anders empfindet als es hier beschrieben wird, aber sollten Autor:innen in ihren fiktiven(!) Geschichten immer die Sichtweise der Mehrheit wiedergeben oder auch mal den anderen eine Stimme geben? Ich fand die Einblicke in Fynn's Gefühle und Gedanken jedenfalls sehr interessant und berührend. Ich konnte mit ihm fühlen, mal mehr und mal weniger, und habe durchaus das Gefühl, dass mich seine Geschichte bereichern konnte und mir neue Denkanstöße geliefert hat. Sie hat mir etwas mit auf den Weg gegeben und meinen Horizont wieder um ein Stückchen erweitert und das ist für mich persönlich das Wichtigste an dieser Art von Büchern. Ich will mich in möglichst viele verschiedene Menschen einfühlen und hineinversetzen können, um ihnen stets respektvoll und mit so viel Empathie wie möglich begegnen zu können und das ist ein Lebensziel, bei dem man wirklich niemals auslernen kann. Man kann immer mehr tun und sollte nie aufhören, es zu versuchen. So und jetzt kommen wir endlich mal zur Geschichte selbst. Die Handlung war recht vorhersehbar, was ich aber schon erwartet hatte und auch überhaupt nicht störend fand. Die Geschichte baut nur langsam Spannung auf und ist im Gesamten eher ruhig, was mir gut gefallen hat, jedoch fühlte sich ab einem gewissen Punkt alles nur noch wie die Ruhe vor dem Sturm an und ich begann hibbelig zu werden. Ich wollte, dass der große Konflikt endlich kam, damit ich ihn hinter mich bringen konnte und hätte mir deswegen gewünscht, dass die Charaktere etwas schneller in die Gänge gekommen wären. Als der große Höhepunkt der Handlung dann endlich kam, war ich leider ziemlich enttäuscht. Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin diese wichtige Sache anders gelöst hätte - natürlicher und lebensnah, denn so war diese gesamte restliche Geschichte auch und genau das fand ich so toll daran. Die große Enthüllung entpuppte sich im Gegensatz dazu leider als das typische, fiktive New Adult-Drama, das ich grundsätzlich auch gar nicht so schlimm finde, aber gerade für diese Geschichte hätte ich es mir eben einfach anders gewünscht. Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin diesem Konflikt bzw. dessen Lösung etwas aus dem Weg gehen und den Dialog vermeiden wollte, was ich wirklich schade fand, da ich mich darauf gefreut hatte, ein offenes und klärendes Gespräch zu lesen, wie es auch sein sollte. Zudem ging gegen Ende alles ziemlich schnell und es blieb nur wenig Raum für Details und Erklärungen. Der Epilog hätte ebenfalls etwas ausschweifender sein können. Die Liebesgeschichte hat mir dafür sehr gut gefallen. Sie ist leise, aber echt und lebendig. Ich habe gerne miterlebt, wie Marie und Fynn beide zarte Gefühle füreinander entwickeln ohne zu wissen, dass es dem:der jeweils anderen ebenso ergeht. Allerdings hätte ich mir dabei noch stärkere und greifbarere Emotionen gewünscht, da mich die Geschichte so leider nicht gänzlich abholen konnte. Irgendetwas hat mir noch gefehlt, auch wenn ich es nicht klar zu benennen vermag. Neben der Transgender-Thematik und den typischen LGBTQIA-Themen spricht Alicia Zett hier auch noch einige andere Themen an, die mir zwar gut gefallen und auch zu den Charakteren gepasst haben, vielleicht aber einfach etwas zu viel für dieses doch recht dünne Buch waren. Ich hätte es begrüßt, wenn sich die Autorin mehr auf ihr eines Hauptthema beschränkt hätte, da die anderen Themen mangels Zeit und Raum teilweise wirklich nur an der Oberfläche kratzen und das ist in meinen Augen nie gut. Im Gesamten war aber trotzdem alles stimmig. Zu den Charakteren: Die Geschichte wird aus der Sicht von Marie und Fynn in der ersten Person Singular erzählt. Alicia Zett hat authentische Charaktere erschaffen, die ich gerne noch besser kennengelernt hätte. Selbst die Protagonist:innen blieben mir trotz der guten Innensicht stellenweise zu blass. Ich konnte mich durchaus gut in Marie und Fynn einfühlen und hineinversetzen, jedoch habe ich leider nicht das Gefühl, wirklich bis zu ihrem inneren Kern vorgedrungen zu sein. Zum Schreibstil: Das Buch lässt sich flüssig lesen und hat einen locker-leichten Schreibstil, der mal erfrischend und lebendig und mal ernsthaft und gefühlvoll ist. Alicia Zett schreibt sehr bildlich, wodurch ich mich voll und ganz in die Geschichte fallen lassen konnte. Außerdem mag ich die Poesie in ihren Worten sehr. Fazit: Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut und dabei vielleicht ein kleines bisschen zu hohe Erwartungen aufgebaut. Die Geschichte ist ohne jede Frage toll und allein schon wegen ihrer Thematik absolut empfehlenswert, aber sie war für mich eben leider trotzdem kein Highlight. Ich mochte die Grundstimmung des Buches sehr und es gab wirklich viele schöne Momente, jedoch sehe ich auch deutliche Schwächen in der Umsetzung... Alicia Zett hat sich meines Erachtens aber größten Respekt dafür verdient, dass sie diese Thematik überhaupt aufgegriffen und dann auch noch in so eine wundervolle Geschichte verpackt hat. 3,5/ 5 Sterne ⭐️

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