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Wordworld

Posted on 14.5.2021

Nachdem ich letzte Woche mit "Protect the Prince" den zweiten Teil der Splitterkrone-Trilogie von Jennifer Estep beendet hatte, war ich natürlich sehr gespannt auf den Abschluss von Evies Abenteuer, welcher direkt im Anschluss als Buddyread mit Sofia von "Sofias kleine Bücherwelt" folgte (sie ist ein mindestens ebenso großer Nikolai-Lantsov-Fan wie ich, schaut unbedingt mal vorbei!😊). Mit meiner Namensvetterin habe ich im letzten Jahr schon "Sweet Like You" gelesen - was leider eher mäßige Begeisterung in uns ausgelöst hat, weshalb wir jetzt einen neuen Versuch wagten! Und wer sagt´s denn: bei "Crush the King" waren wir uns schnell eilig, dass auch das Finale großes Highlightpotential hat. Nach dem etwas schwächeren Band 2 gefällt mir der Abschlussband der Reihe wieder um einiges besser. Das schlägt sich auch in der Gestaltung nieder. Band 3 ist genau wie "Kill the Queen" und "Protect the Prince" in einem typischen, unspektakulären Jugendbuch-Fantasy-Stil gehalten, enthält aber viele passenden Einzeldetails, die den Gesamteindruck deutlich aufwerten. Zusehen ist hier die Silhouette einer Frau mit wehenden Haaren, Schwert in der Hand, die von einem Blick auf eine steinerne Brücke und brandende Wellen ausgefüllt wird, was sich interessant vom hellen Hintergrund abhebt. Bei der Brücke muss ich nach dem Lesen sofort an eine gewisse Szene des Buches denken, weshalb ich dieses Motiv sehr mag. Auch die Staubfetzen des hellblauen Hintergrunds finde ich passend, da man diese sowohl als Schneesturm, als auch als der Staub einer Arena interpretieren könnte. Schade finde ich aber, dass hier genau wie schon in Band 2 die in Band 1 angefügte Karte fehlt und die drei großen Abschnitte nicht wie in Band 1 zusätzlich ausgestaltet sind. Gerade da wir erneut verreisen und andere Königreiche kennenlernen, wäre eine Karte hier sehr hilfreich gewesen! Erster Satz: "Der Tag, an dem die Regaliaspiele für mich eigentlich begannen, fing an wie jeder andere." Zu Beginn nimmt sich die Autorin wenige Kapitel Zeit, Geschehnisse der Vorgängerbände zu rekapitulieren und durch Wiederholungen und beiläufig eingestreute Erklärungen die Rückkehr zu Evie nach Bellona zu erleichtern. Dies ist natürlich sehr leserfreundlich, da ich ja aber direkt aus Band 2 gestartet bin, hat sich das erste Kapitel ein bisschen gezogen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Einstieg verschlafen wäre - im Gegenteil: gleich auf den ersten Seiten werden wir mit einer neuen Bedrohung konfrontiert. Dass ein Haufen an Attentätern die neu gekrönte Königin umbringen will, ist nichts Neues, damit hat sich Evie schon in "Protect the Prince" herumgeärgert. Hier stammt der Mordanschlag jedoch nicht von ihrem tödlichen Erzfeind Morta, sondern von der Insel Fortuna, dem Domizil der Präge, einer reichen als Bank fungierenden Adelsfamilie, die nicht nur wegen ihrer skrupellosen Geldjäger bekannt sind, sondern auch die alle drei Jahre stattfindenden Regalia-Spiele ausrichten. Die Fortuna Präge wäre schon unter normalen Umständen ein gefährlicher Feind, doch nun stehen ausgerechnet die Regalia-Spiele kurz zuvor, was bedeutet, dass Evie mit ihrem Gefolge abermals ins Feindgebiet reisen muss. Doch wie wir unsere starke Protagonistin bislang kennengelernt haben, hält sie das nicht davon ab, mit hoch erhobenem Haupt nach Fortuna zu reisen und ihre eigenen tödlichen Pläne für die Spiele zu schmieden. Denn wo würde sich eine bessere Gelegenheit bieten, ihre niedergemetzelte Familie endlich zu rächen und Bellona vor ihrem Erzfeind aus Morat zu beschützen... Genau wie bei Band 1 und 2 erzählt Jennifer Estep hier wieder eine in sich abgeschlossene Geschichte, die zwar auf Informationen und Figuren des ersten Teils aufbaut, ansonsten jedoch mit alleine stehen könnte. Mit wenigen Modifikationen könnte man "Crush the King" auch insofern als Einzelband begreifen, als dass Spannungsbogen und Handlungen in sich rund sind und nicht zusehr auf Vorangegangenem beruhen. Um zu gewährleisten, dass es nicht direkt nach dem gewohnten Schema weitergeht, hat sich Jennifer Estep wieder ein neues, spannendes Konzept überlegt: die Regalia Spiele. Jene sind eine Mischung aus Überlebenskampf in und außerhalb von Gladiatorenkämpfen, Zirkus mit Jahrmarktambiente und Bühne für Selbstpräsentation und Intrigen der Herrscher. Neben opulenten Bälle mit Tanzduellen, gibt es auch ein traditionelles Kartenspiel der Herrscher und jede Menge Raum, gegenseitige Fronten auszuloten und Intrigen zu schmieden. Hier wird also schon allein durch das sehr dynamische und energiegeladene Setting viel Spannung und Konfliktpotential für die Handlung gewonnen. "Ich will den verdammten König zerquetschen." Ich schlug mit der Hand auf die Mauer. "Ich will ihm noch das Letzte, was ihm etwas bedeutet, nehmen, egal, wie klein und unscheinbar es ist. Ich will ihn fesseln, ihn brechen und ja, vor allem will ich ihn töten. Aber erst, nachdem er einen Teil der Schmerzen empfunden hat, die er mir bereitet hat." Unterstützt wird dieser Eindruck durch den für High Fantasy recht temporeichen und dynamischen Erzählstil, der die Handlung zu jeder Zeit vorwärts treibt und Längen verhindert. Mit spannenden Kämpfen, Intrigen, Geheimnissen, Reisen durch mehrere Königreiche, der Vorstellung von Fabelwesen wie Gargoyles, Strixen oder (unfassbar niedlichen) Caladriussen und dem Kennenlernen von verschiedenen Arten von Magiern - Murkse, die eine verbesserte Körpereigenschaft besitzen, Morphe, die sich in Monstergestalten verwandeln, Magier, die Elemente kontrollieren und Meister, die aus Materialien die beeindruckendsten Dinge herstellen können - bekommen wir zu jeder Zeit genügend Spannendes präsentiert, dass man darüber wegsehen kann, dass "die Außenseiterin mit einer geheimen Gabe, die durch einen Schicksalsschlag zur Auserwählten wird, kämpfen lernt und ihr Königreich rettet" nicht gerade ein neues Konzept ist. Jennifer Estep nutzt hier gezielt Fantasy-Klischees und vermittelt mit vielen Szenen an andere Werke erinnernde Vibes, ohne jedoch ins Unglaubwürdige oder Langweilige abzudriften oder die Originalität zu verlieren. So wurde ich zum Beispiel an Kaz Brekker erinnert (das Spiel), bekam deutliche "Throne of Glass"-Vibes (Stichwort: die Brückenszene) und habe auch an der ein oder anderen Stelle eine Querverbindung zu "Game of Thrones" herstellen können (Stichwort: Geldjägerleichen und Mad-Queen-Vibes). Um auf diese Mad-Queen-Vibes nochmal zurückzukommen: ein paar Worte zur Protagonistin... Selten habe ich von einer so sympathischen und starken Protagonistin gelesen wie in der Splitterkronen-Reihe. Ihre Majestät Everleigh Saffira Winter Blair Königin von Bellona, kurz Evie ist einfach eine Power-Protagonistin, die man einfach lieben muss. Sie ist voller Wut, kalter Berechnung und Entschlossenheit aber auch voll Mitgefühl, Wärme und dem genau richtigen Maß an zerbrechlichem Selbstbewusstsein, sodass man ihr ihren täglichen Kampf mit Freuden abnimmt. "Crush the King" ist genau wie der Vorgänger kein wirkliches Jugendbuch - nicht nur weil hier viele blutige Kämpfe ausgetragen werden und gelegentlich auch Unschuldige abgeschlachtet werden, sondern auch weil die Protagonistin mit ihren 29 Jahren außergewöhnlich "alt" ist. Dass war für mich natürlich eine nette Abwechslung, aber dadurch ist Evie vielleicht nicht die beste Identifikationsfigur für 14jährige, sondern spricht eher etwas ältere Leser*innen an. Sie ist sehr viel erfahrener, selbstbewusster, reifer und gefestigter als die üblichen Fantasy-Protagonistinnen, was die Story von viel Geschmachte, emotionalen Schwankungen, Peinlichkeiten sowie einer ellenlangen Selbstsuche befreit und mir sehr zugesagt hat. Das bedeutet nicht, dass sie sich nicht entwickeln würde, im Gegenteil: wie sie beginnt, sich nichts mehr gefallen zu lassen und ihre Stärken offen auszuspielen ist nicht nur amüsant, sondern auch beeindruckend zu verfolgen. Hier bekommen wir auch ab und zu wieder Rückblicke in die Vergangenheit von Evie, die weiter erklären, was damals passiert ist und wie ihre Eltern gestorben sind. "Wieso konnte sich nicht irgendwer einfach mit mir verbünden, weil es das Richtige war? Aber nein, wir Herrscher mussten uns mit spitzen Worten und bösen Blicken duellieren." Doch die Protagonistin bleibt nicht die einzige starke Frau, die sich nichts sagen lässt und die wir hier bewundern dürfen. Neben der gefährlichen Meistergladiatorin und Ausbilderin Serilda Swanson, der starken Kämpferin und Freundin Paloma und der gerissenen Tanzlehrerin und Spionin Xenia, ist auch die hier neu auftauchende Figur der ungerischen Königin Zariza einfach nur zu bewundern. Ich bin ein großer Fan von feministischer Fantasy, in der es Königinnen und Kämpferinnen gibt, die sich nicht von irgendwelchen Rittern retten lassen oder von gutaussehenden Prinzen abgelenkt werden, sondern selbst das Heft in die Hand nehmen, wodurch Jennifer Estep noch weitere Pluspunkte sammeln konnte. So kraftvoll wie die Autorin ihre weiblichen Figuren beschreibt, zeichnet sie auch die Antagonisten. Besonders spannend fand ich hier die Figur Maeven, die wir von einer ganz neuen Seite kennenlernen. Doch auch mit dem König von Morta tritt hier eine Figur mit einer Menge Konfliktpotential auf (auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich einen Bösewicht ernstnehmen kann, der "Maximus Mercer Morland Morricone König von Morta" heißt 😂 - das klingt wie der Name einer Comicfigur oder ein übertriebene ungeschickter Ritter in einem Monty Python Sketch, ich habe erstmal losgekichert. Sorry, MMMMM, aber da hat sich deine Erschafferin einfach zu viel an Alliterationen ausgetobt). Es erscheint also kaum verwunderlich, wenn ich sage, dass "Crush the King" hochspannend zu lesen ist, da ständig etwas passiert. An diesem Eindruck ändert sich auch nichts mehr, wenn sich an einigen Stellen leichte Wiederholungen finden lassen (gefühlt jede zweite Seite stolpert Evie über einen Attentäter) und die taktischen Manöver, Intrigen und Kämpfe der Protagonisten erstaunlich glattlaufen. Auch dass ein klares Endziel schon von Beginn an absehbar ist - nämlich dass Evie und der König von Morta in einem Endkampf aufeinandertreffen werden -, tut der Spannung keinen Abbruch. Im Gegenteil: die Vorausdeutung der königlichen Herausforderung sorgt sogar für eine Intensivierung der Spannung, da von Beginn an fragwürdig erscheint, wie Evie den übermächtig erscheinenden König besiegen soll. Auch die Herausforderung im schwarzen Ring an sich finde ich eine äußerst geschickte Idee, einen Konflikt zwischen zwei Königshäusern beizulegen. Nicht nur dass nicht tausende von unschuldigen Menschen darin sterben - auch ist es mal eine tolle Abwechslung zur typischen Endschlacht, die das High-Fantasy-Genre ansonsten dominiert. "Wunderbar! Und jetzt, da wir alle unseren Einsatz gemacht habe, lasst uns spielen." Maximus musterte mich finster und ich schenkte ihm ein dünnes Lächeln. Wir wussten beide, dass das Spiel zwischen uns beiden gerade erst begonnen hatte." Schade ist nur, dass zugunsten der Handlung in diesem Abschlussteil Vieles in den Hintergrund tritt. was ich mir für den Endband einer Trilogie anders gewünscht hätte. Gerade Evies inoffizieller Prinzgemahl Lucas Sullivan - kurz Sully - wird hier leider zu einer absoluten Nebenfigur degradiert. Während Evie im Alleingang ihr Leben, ihr Königreich und die halbe Welt rettet, darf er bloß nett nebendran stehen, ihre Hand halten, ihr Bett wärmen und den ein oder anderen besorgten Kommentar abgeben. Klar, ich freue mich immer sehr über die Darstellung von unabhängigen, starken Frauen als Protagonistinnen, aber wenn selbst Evies Leibwächterin Paloma häufiger vorkommt als die zweite eigentliche Hauptperson, liegt hier etwas im Argen. Auch die einzige erotische Szene zu Beginn hat nicht dazu geführt, dass man die beiden noch als gleichberechtigtes Paar angesehen hat. Dass die Beziehung, die ja in Band 2 erst so richtig aufgeblüht ist, hier so überhaupt keine Rolle mehr spielt und auch kaum weiterentwickelt wird, ist also mehr als schade und ein deutlicher Kritikpunkt. Aber auch die anderen Figuren bleiben eher am Rande präsent und bekommen nicht die Chance, in dem Umfang ihre Geschichte weiterzuerzählen, wie ich mir das gewünscht hätte. Ein Beispiele dafür wäre die ungeklärte aber immer wieder angedeutete Verwandtschaft zwischen Xenia und Paloma. Hier wurde eine mögliche Verbindung immer wieder angeteasert, die eigentliche Enthüllung, auf die ich voller Erwartung hinblickte, verkam am Ende jedoch zu einer Randnotiz. Ein anderer Punkt, von dem ich erwartet hätte, dass er noch in den Fokus des Lesers rücken würde, ist die Beziehung von Serilda und Cho. Evie fragt sich im Laufe der Trilogie mehrere Male, was zwischen den beiden eigentlich los ist und warum sie nicht zusammen sind, wenn sie sich doch offensichtlich lieben. Mich hat das demnach auch beschäftigt, leider wird das jedoch nie aufgebracht. Von liebgewonnenen Figuren wie Sullys Nichte Gemma, deren Gargoyle Grimley, oder den Metallmeister und Vaterfigur Alvis will ich gar nicht erst anfangen. Die beiden verschwinden nämlich ganz in der Versenkung und werden kaum einmal genannt. "Du spielst ein gefährliches Spiel, Everleigh", sagte Maeven, wenn auch viel weniger bissig und angriffslustig als bisher. "Und du wirst es verlieren, zusammen mit deiner Krone, deinem Leben und deinem geliebten Königreich." Ich lächelte nur über ihre finstere Prophezeiung. "Das werden wir ja sehen." Die Autorin verschenkt hier also aus meiner Sicht Unmengen von Potential, da sie in diesem Abschlussband, aber auch schon über die ganze Reihe hinweg eine Menge Figuren eingeführt, Andeutungen gestreut und Pfade gelegt, von denen ich eigentlich erwartet hatte, dass sie am Ende nochmal wichtig werden würden. Leider kommen aber die wenigsten Aspekte nochmal auf und wenn doch, dann verschwinden sie hinter der sehr prominenten Handlung. Das hat dann leider auch dazu geführt, dass mich das eigentliche Ende nicht so ganz überzeugen konnte. Würde man annehmen, dass Jennifer Estep noch vorhat, einen vierten Band zu schreiben, der offene Fragen und liegengebliebene Handlungsstränge nochmal aufgreift und die Geschichte weiterführt, könnte ich das Ende mit einem enthusiastischen "episch" beschreiben. Als Abschlussband einer Trilogie fand ich das Ende jedoch nicht zufriedenstellend. Fazit: Ein hochspannendes, originelles und atmosphärisches Finale, das mit einer starken und reifen Protagonistin, einem temporeichen Schreibstil und tollen Ideen überzeugt. Leider lässt Jennifer Estep gerade gegen Ende eine Menge Potential ungenutzt und versäumt es, den ein oder anderen Handlungsstrang befriedigend zu Ende zu führen.

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