FrauenLesen
Da das Buch vom Festa-Verlag rausgebracht wurde, habe ich mich irgendwie auf Horror eingestellt. Auch der schwarze Schutzumschlag mit dem roten Auge lässt eine Lektüre in diese Richtung erwarten. Doch von Horror habe ich nichts mitbekommen. Außer dem, dass wieder mal bestätigt wird, wozu eine aufgeheizte Menschenhorde fähig ist. Nichtsdestotrotz kann ich mich Neil Gaiman anschließen, der über Shirley Jackson meint: "Eine erstaunliche Autorin ... Wenn du sie nicht gelesen hast, hast Du etwas Wunderbares verpasst." Denn Horror oder nicht, Shirley Jackson ist eine Erzählerin par excellence. Merricat lebt mit ihrer Schwester Constance und dem kranken Onkel Julian, der an den Rollstuhl gefesselt ist, im Schloss der Familie Blackwood am Rande eines Dorfes. Der Rest der Familie wurde vor Jahren vergiftet. Als Verdächtige galt Constance, sie wurde jedoch vor Gericht freigesprochen. Seitdem sind sie aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Es ist bedrückend zu lesen, wie abgeschnitten die drei Menschen im Schloss von allem sind. Einzig Merricat verlässt einmal in der Woche das Heim, um im Dorf Erledigungen und Einkäufe zu machen. Doch die drei scheinen glücklich zu sein. Erst als Charles auftaucht, der unbedingt an den Inhalt des Familiensafes kommen will, gerät das Gefüge ins Wanken. Das Lesen der Geschichte war unheimlich spannend. Nicht nur allein, weil ich mich fragte, wann nun der Horrorteil beginnt. Nein, Shirley Jackson versteht es, so zu erzählen, dass man jedes Wort, jeden Satz, jeden Absatz, jedes Kapitel in sich aufsaugt. Ich freue mich jedenfalls wahnsinnig darauf, mehr von ihr zu lesen.