eine.welt.zwischen.zeilen
Dieses Buch stand sehr lange auf meiner Wunsch- und Leseliste und ich bin nun sehr froh es gelesen zu haben. Ich möchte aber auch auf Kritik eingehen, die bei diesem Buch in den meisten Rezension doch eher untergeht. Kübra Gümüsay berichtet über Sprache. Dass Sprache unsere Wirklichkeit/Wahrnehmung beeinflusst, war für mich nichts Neues. Aber gerade für Menschen, die mit diesem Thema bisher eher wenig Berührungspunkte hatten, lohnt es sich definitiv. Die Autorin bringt extrem viele Beispiele, für meinen Geschmack an manchen Stellen zu viele, da es den Blick vom eigentlichen Thema und der Diskussion ablenkt. Aber diese Beispiele verdeutlichen die Thematik oft sehr gut und veranschaulichen die Problematik. Es geht in diesem Buch viel um Ausgrenzung und Diskriminierung und wie diese Bereiche mit Sprache zusammenhängen. Hier bringt sie oft bekannte Beispiele, die leider aber nicht immer stichhaltig sind. Sie zitiert beispielsweise Necip Fazil Kisakürek, der sich bei einiger Recherche jedoch als offenkundiger Antisemit entpuppt. Wenn mal viel wert auf die Diskussion über Diskriminierung legt, sollte man meiner Meinung nach auch gut über seine eigens zitierten Autor*innen recherchieren. Schade. Die Argumente, die Gümüsay im Gesamten aber anbringt sind dadurch aber natürlich nicht weniger wichtig. Diskriminierung im öffentlichen Raum ist ein Problem dem wir uns einfach stellen müssen und sie macht sehr radikal darauf aufmerksam. Ein weiterer Punkt, der mich etwas gestört hat, ist das ewige Kreisen um ein Thema ohne zu einer Antwort zu kommen. Gümüsay bespricht das Thema und macht darauf aufmerksam, ja. Aber eine Antwort wie man nun ganz konkret damit umgehen soll, gibt sie selbst nicht. Sie dreht sich mit ihrer Argumentation schlicht im Kreis. Wiederholt ihre Argumente, unterstreicht und belegt sie durch unterschiedliche Zitate, die doch immer wieder ähnliches aussagen. Zu einer Aussage am Ende kommt sie aber dennoch nicht. Ich persönlich finde auch einige wenige Argumente sehr einseitig und zu wenig ausgeführt. Sie schreibt über recht Hetze, die auch definitiv ein Problem darstellt, allerdings hätte ich mir gerade hier Beispiele gewünscht. Analysen, die aufarbeiten, wie genau die Sprache solcher Hetzer funktioniert. Und das fehlt eben. Ihre Argumente fußen weitestgehend auf ausgewählten Zitaten, statt auf eigens ausgeführten Linien und Analysen. Ein letzter Punkt, den ich noch nennen möchte, ist der Widerspruch in ihrer eigenen Argumentation, der mir besonders auch am Ende des Buches aufgestoßen ist. Praktisch über das ganze Buch hinweg kritisiert sie immer wieder alle möglichen Menschen für ihre Fehler, gleichzeitig beschreibt sie aber auch, dass wir nicht so harsch mit Fehlern anderer umgehen sollten, wir sollten akzeptieren, dass Menschen es versuchen und auf der Suche nach dem richtigen Weg sind. Gümüsay hält hier ihre eigenen Forderungen nicht ein, indem sie Menschen, die Fehler machten sehr stark kritisiert und auch im Gegenzug stereotypisiert. Also genau das, wovon sie wegkommen möchte. Ich stehe etwas im Zwiespalt mit diesem Buch. Ich finde einige Argumente sehr gut und wichtig. Aber Argumente widersprechen sich und sind manchmal zu wenig ausgeführt. Ich hätte mir hier tiefergehendes gewünscht. Als Einsteigerbuch jedoch bestimmt nicht schlecht.