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Neverland3r

Posted on 13.5.2021

Was mich an dem Buch am meisten angesprochen hat, war die Tatsache, dass es ein Retelling ist. Was ich vorher nicht wusste: es ist ziemlich düster. An dieser Stelle möchte ich dem Piper digital Verlag für das Rezensionsexemplar danken. Wie ich grade bereits erwähnte, handelt es sich bei diesem Buch um eine Neuerzählung. Allerdings ist es keine klassische Geschichte, sondern eine, die man nicht sofort auf dem Schirm hat – Krabat. Die Geschichte wird in zwei Zeitsträngen erzählt; zum einen erfahren wir, wie Krabat zur Mühle gelangt und dort auf die dunkle Magie trifft, auf der anderen Seite sind 12 Jahre vergangen, in denen er es geschafft hat, dem Müller zu entkommen und Rachepläne zu schmieden. Diese beiden Stränge werden abwechselnd erzählt, sodass man als Leser dran bleibt und wissen möchte, wie es im anderen Strang weiter geht und vor allem, wie er es damals geschafft hat, zu entkommen. Krabat bzw. Krayan konnte ich lange nicht einschätzen. Im Damals wirkte er oftmals jünger, als er tatsächlich war und im nächsten Satz viel älter. Es hat fast bis zum Ende gedauert, bis sein Alter genannt wurde. Außerdem hatte ich lange nicht das Gefühl, ihn zu kennen, da er eher durchscheinend war. Ich habe ihn erst Stück für Stück ein wenig kennen gelernt, seine Beweggründe verstanden. Er wurde von Rachgier getrieben und schob alles in den Hintergrund. Trotzdem wirkte sein Charakter eher flach, da man außer den beiden Zeitsträngen wenig von seiner Vergangenheit erfährt – sei es vor der Mühle oder in der Zeit danach. Zu Beginn des Buches fiel es mir schwer, mir alle Namen merken zu können, grade durch das Springen in der Zeit, was jedoch mit zunehmendem Verlauf besser wurde, da sich ein paar der Charaktere rauskristallisierten. Aber auch hier sind die Charaktere eher schwach durchleuchtet und kaum tiefgründig. Allerdings glaube ich, dass es hier daran liegt, da wir nur aus Krabats Sicht das Geschehen geschildert bekommen. Sanguis Corvi spielt im 16. Jahrhundert, was die Autorin sprachlich angepasst hat. Es fielen viele Begrifflichkeiten, die es so heute nicht mehr unbedingt gibt (zum Beispiel Schankmaid). Allerdings fiel genau das mir stellenweise schwer. Durch den erzählenden Schreibstil, der oft malerisch, beinahe episch geschrieben wurde, hatte ich zwischendurch Probleme, länger am Stück in dem Buch zu lesen. Ich hatte zum Ende hin gehofft, dass wir uns in einer Art Stuhlkreis befinden und jemand Krabats Geschichte erzählt, da der Erzählstil dazu gepasst hätte. Was ich auch sehr stimmig und sinnvoll empfand, war, dass der Titel des Buches einen eindeutigen Sinn hat, den man im Laufe der Geschichte erfährt. Ich muss sagen, dass ich mich in der Welt nicht zurecht gefunden habe, grade weil es in einer vergangenen Zeit spielt und demnach nicht wie heute ist. Erst durch das Nachwort bzw. die Danksagung habe ich erfahren, dass die Geschichte wohl in Ungarn stattfand. Außerdem erfährt man dort noch einiges an historischen Hintergrundinformationen, was ich ziemlich cool fand. Leider empfand ich das Ende als zu flach. Während des gesamten Buches wird auf einen Punkt hingearbeitet, doch als dieser dann eintraf, fehlte mir die Spannung, die Action dabei. Dafür wurden manche Szenen relativ brutal beschrieben, die Spannung auf einer anderen Ebene erbracht haben. Außerdem wurde eine Liebesgeschichte eingewoben, die mir doch ein wenig zu kurz kam. Krabats Loveinterest war mir durchweg unsympathisch, was wohl ihrem frechen Mundwerk zu verschulden ist. Versteht mich nicht falsch – ich mag schlagfertige weibliche Figuren, doch in diesem Fall war mir ihr Verhalten too much an Trotz und beleidigt sein. Zudem empfand ich die Liebesgeschichte als überhaupt nicht romantisch, sondern eher als Mittel zum Zweck. Alles in allem fand ich das Buch sehr interessant zu lesen. Es war durch das historische Setting für mich etwas völlig neues und hat mir viel Spaß gemacht. Das dieses Buch ein Debüt war, fiel gar nicht auf, im Gegenteil. Schreibstiltechnisch hatte ich zwischendurch totales „der Bär und die Nachtigall“ – Feeling. Ich habe die Idee sehr gemocht und auch die Umsetzung der Magie und ihrem praktizieren. Sanguis Corvi bekommt von mir 4/5 Sternen.

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