Babscha
Der „Held“ dieses Buches, der uns seine Geschichte (was direkt zu Beginn klar gestellt wird) rückblickend aus der Todeszelle eines Gefängnisses heraus selbst erzählt, wird Mitte der Siebziger in Stuttgart in eine typisch spießig-deutsche Familie hinein geboren. Er wohnt mit seinen Eltern im Souterrain des Hauses der verwitweten Mutter seines beschränkten, schwachen Vaters, einer Sadistin, die vor allem ihre Schwiegertochter aufs Schlimmste drangsaliert und das Leben zur Hölle macht. Diese täglich neu erlebte Situation wird zur geistigen Initialzündung für den eigenbrötlerischen Jungen, sich mit dem Themenkreis Recht und Gesetz bzw. den vielen Ungerechtigkeiten in dieser Welt erst zaghaft, später dann exzessiv zu befassen. In einem selbst inszenierten Gerichtsverfahren mit ihm als alleinigem Verfahrensbeteiligten verurteilt er seine Großmutter für ihr Tun schließlich zum Tode. In vielen Rückblenden erfahren wir, wie die Geschichte danach weitergegangen ist, von seinem jugendlichen Dasein als verschrobener Nerd zwar ohne Freunde, aber mit Bewunderern seines brillanten Verstandes, wie er dann als Exzellenzstudent Jura in Freiburg studiert, und vor allem, wie er in einer völlig überspannten amour fou mit einer Kommilitonin an seiner großen Leidenschaft, der Schaffung einer neuen globalen, alttestamentarisch angelehnten Rechtsordnung, arbeitet. Und wie er dann später die Uni Knall auf Fall verlässt, um in der Welt Erfahrungen über praktisch gelebtes Recht und Unrecht für sein „Internationales Strafgesetzbuch“ zu sammeln. Und genau ab diesem Zeitpunkt schwächelt das Buch komplett. Unzweifelhaft verfügt der Autor über eine sehr hohe Sprachkompetenz mit immer wieder anklingendem herb-drastischem, zumeist auch treffsicherem Humor, leider versandet die Story nach einem fesselnden Auftakt mit seiner ganz speziellen, außerhalb jeder Norm stehenden Hauptfigur ab der Mitte aber zu einem immer mehr abflachenden, aufgrund epischer Abschweifungen, die überhaupt nix mit der Kernstory zu tun haben, nur noch dahin plätschernden, beliebigen, geradezu Langeweile erzeugenden Einerlei. Sehr schade! Mir schleierhaft, warum der Autor nicht die Stringenz der ersten 300 Seiten beibehält, sondern sich bis zum auch nicht gerade überzeugenden Ende nur noch in der Schilderung irgendwie unglaubwürdig konstruierter Begebenheiten und dem derangierten mindfuck seines Protagonisten ergeht. Insgesamt leider unerwartet enttäuschend, viel zu wenig Aktion und Entwicklung auf über 500 Seiten und damit das Gefühl leicht vertaner Lesezeit hinterlassend.