wandanoir
Kurzmeinung: Gute Präsentation. Von der Geschichte bisschen überrollt, da es heute spektakulärere SF gibt. In der Kern-Aussage aktuell wie eh und je. Die Würde des Menschen ist unantastbar Vorbemerkung: Dieser Roman gilt als Klassiker in der Science Fiction. Entstanden ist die Story aus einer Kurzgeschichte heraus schon 1958 und wurde dann in Romanform gebracht, 1966 herausgegeben. Er wurde ein internationaler Erfolg und als „Charlie“ verfilmt. Viele kennen ihn also. Da in der Medizin in der Zwischenzeit bahnbrechende Entwicklungen stattgefunden haben und ich Daniel Keyes Namem überhaupt nicht kannte, um von vornherein vielleicht beeindruckt zu sein - also weder ihn selbst als renommierten Science Fiction-Autoren wahrgenommen habe noch seine Vita kannte, zum Beispiel war er Professor für Englisch und Kreatives Schreiben in Ohio, schien mir das Szenario des Romans nicht ganz so aufsehenerregend zu sein wie es 1958 oder 1966 gewirkt haben muss: es schien mir eine wahrscheinliche nahe Zukunft in der Medizin. Insofern verpuffte einer der Effekte des Romans von vornherein. Inhalt: Was war passiert? Mediziner und andere Spezialisten hatten durch Tierversuche an den Gehirnen von Mäusen schließlich die eine Maus gezüchtet, die zu überragenden intelligenten Leistungen fähig war. Die Forschung war sich einig, dass, fände sich ein geigneter Kandidat, es an der Zeit wäre, dieses Experiment am Menschen zu wagen. Ins Auge fassen sie Charlie, einen liebenwerten, stark zurückgebliebenen jungen Mann. Charlie willigt ein, sich als Versuchskaninchen zur Verfügung zu stellen, er wird operiert und Charlie wird Mister Superhirn. Der Roman beginnt mit Tagebuchaufzeichnungen Charlies. Er kann nicht gut schreiben, seine Aufzeichungen sind voller orthografischer und grammatischer Fehler, das mag man schwer lesbar finden, aber gerade dieser Teil ist der anziehendste im Roman. Charlie ist noch schwachsinnig und sich nicht dessen bewusst, wie seine Umwelt ihn sieht. Überwiegend reagiert er positiv auf die Welt. Es kann jedoch nicht ausbleiben, dass er viele böse und tiefe Verletzungen und Narben davonträgt. Dieser Teil berührt. Der Kommentar: Wie gehen wir mit Außenseitern umgehen, ist der Kern und die Botschaft des Buches. Charlie ist sowohl als geistig Zurückgebliebener wie auch als Überflieger ein Außenseiter. Stets ist er isoliert von anderen Menschen. „Ich bin aber ein Mensch und kein Versuchskaninchen“, ist sein Credo. Und auch vor dem Experiment war ich ein Mensch, sagt er und hatte ein Anrecht auf Würde. Der Roman ist mit dieser Aussage so aktuell wie eh und je. Und das nicht wegen der Gehirnoperationen. Sondern, weil es um die Würde des Menschseins geht. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dennoch sind Charlies Monologe zu lang und teilweise öde, der Spannungsbogen kann ebenfalls nicht gehalten werden. Vorhersehbar, sagen viele - und ja, das stimmt. Aber trotzdem tut mir Charlie ja leid und noch mehr fühle ich mit Algernon. Denn da wir uns im 21. Jahrhundert befinden, möchte ich hinzufügen, es geht auch um die Würde des Tiers. Wieder einmal will ich mich gegen Tierversuche jeder Art an Säugetieren aussprechen. Auch die Würde des Tiers sollte unverletzbar sein. Wer dies nicht akzeptiert, bleibt ein Barbar. Fazit: Ein Klassiker der SF, den man mit Vergnügen liest. Und der einfach dazugehört, zum Genre. Kategorie: SF/Fantasy. Klassiker Klett.Cotta, neu aufgelegt 2017, jetzt als ebook, 2021