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Dreamworx

Posted on 8.5.2021

"Es gibt zwei Arten von Städten: alle anderen und Venedig." (Henry James) Für jemanden, der lange Zeit in der geheimnisvollen Lagunenstadt Venedig verbracht hat, kommt Petra Reskis Buch „Als ich einmal in den Canale Grande fiel“ einem Tatsachenroman gleich. Die Autorin ist seit fast 30 Jahren Bewohnerin der italienischen „Diva“ und weiß nicht nur um die Schönheiten der Stadt, sondern vor allem um die großen Probleme und Zerstörung, die durch Immobilienspekulationen, korrupte Stadtväter oder Kreuzfahrttourismus immer mehr an Fahrt aufgenommen haben und den Einwohnern das Leben immer schwerer machen. Umso schöner ist ihre Art, dem Leser ihre Faszination und Liebe für Venedig sowie deren Bewohner nahe zu bringen. Wer Venedig einmal besucht hat, wird der Schönheit und der Magie dieser Stadt schnell erliegen, solange er sich etwas Märchenhaftes im Herzen bewahrt hat. Reski schildert mit flüssigem, farbenprächtigem Erzählstil, nimmt den Leser an die Hand und schlendert mit ihm über die zahlreichen Brücken, durch verwunschene Gassen und lässt ihn durchs Schlüsselloch so manches zauberhaft anmutendes Gebäude sehen, um die andere Seite der Fassade zu erblicken. Wo früher alte Venezianer lebten, die durch hohe Mieten vertrieben wurden, ziehen nun im Tagestakt Touristen in die alten Gemäuer, wo sie über einen Feriendomizilanbieter eine Unterkunft angemietet haben. Auch die typischen kleinen italienischen Läden, die Fisch, Käse, Schinken oder allerlei andere traditionelle Waren anbieten, verschwinden immer mehr aus dem Stadtbild, um Platz zu machen für Designerstores oder Ramschläden, die nur noch weit entfernt mit der Tradition der Stadt oder des Landes zu tun haben. Es ist das schnelle Geld, das lockt, wenn die Kreuzfahrtschiffe fast mitten in der Stadt anlegen und die Touristen wie Heuschrecken in die Stadt einfallen, um in kurzer Zeit ganz Venedig zu vereinnahmen. Das Seufzen und Aufatmen der Bewohner ist regelrecht im Leserkopf zu vernehmen, wenn die riesigen Meeresschiffe mit ihrer Fracht die Stadt wieder verlassen. Dabei ist es völlig unverständlich, dass den Riesenschiffen die Zufahrt bis fast in die Stadt hinein überhaupt gestattet ist, denn durch ihr Gewicht höhlen sie die Lagunen aus und beschädigen die Bausubstanz erheblich, aber auch die Umweltbelastung und –verschmutzung ist erheblich. Aber der schnöde Mammon hat schon immer alle Ratten aus ihren Löchern gelockt, so ist es auch mit den korrupten Politikern, die dafür alles tun würden und so ihre Stadt zu zerstören. Da ist es besonders wichtig, dass es Bürgerinitiativen gibt, die sich den Kampf gegen all dieses Ungemach auf die Fahne geschrieben haben. Sie kämpfen nicht nur gegen die Hochwasserschäden, sondern vor allem dafür, dass ihre geliebte, wunderschöne, verwunschene Stadt auch weiterhin die ihre bleibt. Doch bei all den momentanen Schwierigkeiten ist Venedig immer noch ein Sehnsuchtsort, an dem viele heiraten, einmal den mystischen Karneval im Nebel miterleben oder einfach mit einer Gondel an den vielen prächtigen Palazzi vorbei durch die Lagunen fahren wollen, vielleicht sogar auf dem Canal Grande – in den die Autorin wirklich hineingefallen ist. Man möchte am liebsten hinterherspringen! Wer Venedig liebt, reist nicht mit dem Kreuzschiff an und bringt der Stadt sowie den Bewohnern den nötigen Respekt entgegen, um dort unbeschwert die Schönheit und Grandezza der alten Lagunenschönheit zu genießen. Reski hat Recht – das geht uns alle an und mehr Achtsamkeit ist wünschenswert, um dieses städtische Kleinod zu erhalten. Absolut wertvolle Lektüre mit verdienter Empfehlung!!!

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