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joberlin

Posted on 7.5.2021

"Ich bin für Kohl!" – dieses Plädoyer verkündet der Ich-Erzähler 1998 in seiner Schulklasse. Das war damals natürlich provokant und gefällt mir als Romaneinstieg richtig gut; ob ich mich das wohl getraut hätte? Jedenfalls folgen wir nun dem Lebensweg des Protagonisten - er ist ein Jammerlappen allererster Güte, der sich nach dem Abitur zu nichts aufraffen kann. Unentschlossen fühlt er sich zu gut zu allem und zu jung um sich jetzt schon vom Kinderzimmer im elterlichen Hausstand zu verabschieden. Er sieht sich "mit einer Art vorbewussten Phantasie gesegnet" und als Mischung aus "Zartheit und Individualität", in diesem Fall ergibt das in Summe zögerliche Zerfahrenheit und dann noch keinen Plan. Die Geschichte gefällt zunächst durch locker-ironischen Ton, der Protagonist taumelt zwischen alberner Selbstüberschätzung und schlichter Fehleinschätzung durchs Leben und wir nehmen teil an diversen vermurksten Studiengängen, einer Liebesbeziehung, einem Zahnarztbesuch, einer Musikerkarriere on the rocks und – nach zu vielen unerledigten Anforderungen – einer Flucht nach … na, wohin? … Berlin natürlich. Das passt, denn wie jeder Berliner weiß, wird auch hier viel geredet, aber nicht gehandelt. Diese "Geschichte eines einfachen Mannes", die witzig und vor allem originell begann, verliert sich zusehends in einer Art Endlosschleife, zu einfach wiederholend ist das stets persiflierend-ironische Muster, als dass es mein Interesse durch das ganze Buch tragen kann. Das ungebremst eitle Verfaseln bewirkt Überdruss und lässt die Geschichte für mich schließlich in Belanglosigkeit versinken. Für eine kurze Zeit mag dieser anekdotenhaft erzählte Roman lustig sein, amüsant ist er nicht.

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