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Swamp – Fantasy „Eine winzige hydrophytische Hahnenfußart, die im Sumpf heimisch war, wurde ins Nirvana geschossen. Niemand hatte sie je gesehen und niemand würde sie je vermissen – abgesehen von den Ochsenfröschen, die sie wegen ihrer halluzinogenen Eigenschaften fraßen. Tausende Ochsenfrösche quakten sich den Rest des Sommers ihre Schallblasen ab, weil sie auf kalten Entzug gestellt waren.“ Hier kotzt sich Eoin Colfer in der Rolle des auktorialen Erzählers regelrecht aus. Sumpfdreck, Blut, Körperteile und eine Geschichte, die in der Hälfte der Seiten auch hätte erzählt werden können. Der Charme dieses Fantasyromans, wenn von Charme überhaupt die Rede sein kann, besteht in den vielen Details, die die Protagonisten und die Szenerie beschreiben. Die Story an sich ist kurz. Meiner Ansicht nach streckenweise nicht ausreichend tragend, um die Seitenzahl zu füllen. Wobei ich sie nach einiger Gewöhnung an den groben Stil ganz gerne gelesen habe. Man stumpft halt ab. Vern, der womöglich letzte überlebende Drache, lebt in einem Bayou in Lousiana. Im Sumpf, mit ihm wichtigem Kabelfernsehen, was nicht einfach zu installieren gewesen ist. Waxman, ein Mogwai, Mischwesen zwischen Mensch und Drache leistet ihm Gesellschaft und versorgt ihn mit seiner bevorzugten Wodkamarke. Sie leben ruhig vor sich hin bis Everett Moreau, kurz genannt Squib, auf Vern stößt. Squib ist der fünfzehnjährige Sohn der Krankenschwester Elodie Moreau, ein echter Cajun und sehr umtriebig. Sein Hassgegner ist der korrupte Bulle Regence Hooke. Ein mieses Stück Scheiße, wie der Autor nicht müde wird, auf jeder Seite in der der Typ auftaucht, zu betonen. Wie Hooke zu dem wurde, was er ist, wird en passant durch seine Gedanken zu seinem, dem Südstaatenklischee entsprechenden, religiös verblendeten Vater geschildert. Den er sich vom Hals geschafft hat. Subtil ist das nicht. Subtil ist das ganze Buch nicht. Hier geht es zur Sache. Die Erzählweise erinnerte mich stark an Deadpool. Wirklich gut ist dem Autor die Beschreibung des Sumpfes gelungen, der hier quasi ein Protagonist ist. Hier meint man darin zu waten, bekommt eine Vorstellung, wie es sich anfühlt, riecht und schmeckt. Tatsächlich wirken seine Sumpfbeschreibungen manchmal fast ein wenig wie Poesie, wenn er das sich verändernde Licht auf der Wasseroberfläche betrachtet. Knallhart dagegen der Schreibstil, besonders bei den Kampfszenen. Da wird nicht gespart mit Splatter und Sarkasmus. Leider wirkt das oft ein wenig plump. Dead Pool lässt grüßen, ist aber nicht annähernd erreicht. Die kurzen Dialoge sind oft niedrighumorig angesiedelt. Luftige Klöten und andere Teile des testosterongeschwängerten Teenagerslangs werden häufig bemüht. Ein müder, lebensüberdrüssiger Drache, der gerne Flashdance T-Shirts in XXXL trägt, versus psychotischer Bösewicht, der mit unsauberen Absichten hinter Squibs Momma her ist, zugleich aber ihren Sohn beseitigen möchte. Abgesehen vom an Langeweile leidenden Drachen ist nicht viel Magie zu verspüren. Dennoch entwickelte sich bei mir, nach anfänglichem Widerwillen weiterzulesen, eine Art Sog. Ein Sumpfsog sozusagen. Ich wollte wissen, wie es weitergeht, gewöhnte mich, oder besser tolerierte den groben Erzählstil. Mochte Vern und seine Mitstreiter. Fand sogar hier und da kleinere Sarkasmus-Highlights des Artemis Fowlerfinders. Für wen Highfire jetzt empfehlenswert ist, finde ich schwierig zu sagen. Auf jeden Fall für Menschen die Sarkasmus mögen, splatter-, sowie genitalhumorresistent sind und wenig Anspruch an die Schreibe haben. Aber auch Menschen, die etwas Sumpffeeling im schwülheißen Louisiana erleben möchten, oder fantasyerfahrene LeserInnen, die eine Story abseits des gut verkäuflichen Mainstreams lesen mögen. Colfer hat für mich damit ein neues Genre aufgemacht. Swampfantasy oder kurz Swampasy. Mal schauen, ob er da noch einen Nachfolger dranhängt. Die Geschichte gäbe es her, und ich denke sogar ich würde ihn lesen. „Highfire“ ist sicher keine High-Fantasy aber ein Mix aus Urban- und Splatterswamp-Fantasy. Leicht zu lesen, aber stilistisch schwer zu ertragen.