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buchkenner

Posted on 30.4.2021

Meinung: Ja, ich weiß gar nicht, wie ich meine Meinung zu diesem Buch am besten darlegen soll, aber ich möchte es versuchen. Ein Buch, dessen Thema mich unheimlich reizt und das viel Spielraum für Entfaltung bietet. Dieser Spielraum ist zu einem kleinen Teil genutzt worden, bleibt aber weit hinter den Möglichkeiten zurück. Die Location für das Larp (Live Action Role Play) ist mit den unterschiedlichen Schauplätzen sehr schön gewählt. Bis zuletzt aber fehlten mir die bildlichen Beschreibungen und auch das Handwerkszeug, um das Flair der Umgebung zu vermitteln. Genauso geht es mir leider auch mit dem Rollenspiel an sich. Die Ansätze sind da, aber das Buch sorgt sicherlich nicht dafür, es Neulingen näherzubringen. Auch das liegt in meinen Augen am Handwerkszeug, denn über die gesamte Länge des Buches hatte ich das Gefühl, tatsächlich das Geschriebene eines Teenagers zu lesen. Nicht das Buch einer gestandenen Autorin. Dies hat vielfältige Gründe, die ich euch gerne exemplarisch aufzeigen möchte. Beispielsweise geht es schon mit der Hauptfigur los. Die „Anführerin“ der Gruppe, die theoretisch 15 Jahre alt sein soll, sich aber benimmt wie höchstens 12. Sie ist kontinuierlich nur mit sich selbst und ihren immer wieder wechselnden (und nicht nachvollziehbaren) Gefühlen beschäftigt. Wenn sie denn mal beim Rollenspiel dabei ist, präsentiert sie sich als große Kämpferin, ohne aber auch nur den Mut für einfache Konversationen zu haben. Von einer Anführerin also weit und breit nichts zu sehen. Die Hälfte der Zeit verbringt sie sowieso mit dem Schreiben von Fanfiction, das immer in nur wenigen Zeilen den Lesefluss der eigentlichen Geschichte unterbricht. Diese Fanfiction ist leider auch nicht spannend oder sonst wie ansprechend, sie wirkt einfach völlig konstruiert, um den Nerd Eindruck zu verstärken. Ein weiteres Problem ist der Schreibstil. Die Autorin schafft es leider nicht, konsequent zu bleiben. Sie wechselt selbst während eines einzelnen Satzes immer wieder zwischen Klarnamen der Figuren und ihren Rollenspielnamen hin und her. Das lässt leider so gar kein Gefühl von Authentizität aufkommen. Auch wenn ich das Wort Fangirl noch einmal lesen muss, bekomme ich Krämpfe. Ich weiß nicht wie oft dieser Begriff oder etwas wie Fangirlmoment fällt. Man hat das passende Teeniekreischen geradezu im Ohr. Auch das verstärkt natürlich den Eindruck, eine schlechte Fanficion zu lesen sehr. Die Geschichte passt wunderbar zur Hauptfigur Ruby, die sich selbst immer wieder als sehr tollpatschig präsentiert (außer natürlich im Kampf, wo jede Bewegung sitzt). Ruby stolpert immer mal wieder durchs Gelände und genau das macht die Geschichte auch. Kennt ihr das, wenn man aus einem Tagtraum gerissen wird und sich erst kurz orientieren muss? So ist dieses Buch aufgebaut. Es stolpert vor sich hin, ändert ständig grundlos die Richtung und findet keinen Fokus. Die Szenen werden nicht zu Ende erzählt und man fragt sich immer wieder, warum die Figuren so handeln, wie sie handeln. Das mag vielleicht bewusst so gewählt worden sein, ist aber unangenehm zu lesen. Weitere Beispiele erspare ich euch jetzt, denn man bekommt, hoffe ich, auch so einen guten Eindruck. Fazit: Schade das die Umsetzung hier nicht gepasst hat. Das Flair wäre schön gewesen und man hätte das Thema auch Neulingen gut übermitteln können, denn die Sommerlande (die Hintergrundbuchreihe des Larp) war ein schönen Ansatz. Ich hätte das Buch wirklich gern gemocht, bleibe aber bei anderer Lektüre zu dem Thema.

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