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Lenislesestunden

Posted on 29.4.2021

“Immer war er hinter etwas her. Das überschnelle Tempo seiner Band war für ihn eine Form von Trotz. In seiner Kleinstadt in Kentucky kroch die Zeit so langsam, und die Geschwindigkeit, mit der seine Band spielte, schien zu sagen: “Achtet mal drauf, was ich mit einer eurer langen, öden Minuten machen kann.”” (S. 82) Skurril, abstoßend, tieftraurig, komisch, schön, spannend, überraschend - man könnte die Kurzgeschichten in “Irgendwann wird es gut” mit so vielen Adjektiven beschreiben, und würde ihnen wohl doch nicht gerecht werden. Irgendwie sind alle vom Leben in der Kleinstadt Moberly genervt und gleichzeitig auf der Suche nach Zugehörigkeit und Nähe - sei es Luke, der traurige Songs schreibt und sich nicht traut, sie seiner Band zu zeigen, Carly, die sich lieber im Antikmarkt ihrer Eltern aufhält, als in die Mall zu gehen, der Messi Winston, der sein Haus nicht mehr verlässt oder Matt, der sich verzweifelt nach seinem Sohn sehnt, ihn aber kaum sehen darf. Was ich geliebt habe war, dass in den Geschichten immer wieder der Bogen zu vorherigen Kapiteln gespannt wird, so dass sich ein richtiger Mikrokosmos entwickelt und einem manchmal plötzlich auffällt, dass da eine Person oder Situation beschrieben wird, die man bereits aus einer anderen Sicht erlebt hat. Und das ist auch so sinnbildlich - am Ende sind eben doch alle irgendwie miteinander verbunden, so fremd und allein sie sich auch fühlen. Ich habe mich jeden Abend gefreut, eine der Geschichten zu lesen und auch wenn meine Konzentration für den Tag eigentlich schon aufgebraucht war, hat es dafür immer noch gereicht. Was mich sehr gefreut hat war außerdem, dass es am Ende des Buches noch ein sehr interessantes Interview gibt, das Benedict Wells mit dem Autor geführt hat. Wer Kurzgeschichten mag, sollte sich “Irgendwann wird es gut” unbedingt anschauen. Und während ich das schreibe wird mir auch zum ersten Mal klar, wie ich persönlich den Titel auslegen würde: Irgendwann wird nicht alles gut - aber irgendetwas auf jeden Fall. Und genau diese Hoffnung zieht sich wie ein ganz zarter, roter Faden durch alle Storys.

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