julemaus94
Geheime Untiefen Egal, wie nahe sich Menschen zu sein glauben, es gibt doch immer Geheimnisse die man niemandem anvertrauen kann oder möchte. Die Schwestern Marie und Karla, stehen sich so nahe, wie es nur geht, und das, obwohl sie durch einen ganzen Ozean getrennt sind. Während Karla ein ruhiges Leben als Lokaljournalistin in ihrem Heimatort führt, lebt Marie als erfolgreiche Fotografin in New York. Obwohl ihr Lebensstil nicht unterschiedlicher sein könnte, halten sie engen Kontakt, telefonieren täglich und wissen alles übereinander. Zumindest glaubt das Karla. Bis ihre Schwester bei einem Unfall ums Leben kommt und Karla nach New York reist, um Maries Haushalt aufzulösen und dabei auf ein großes Geheimnis stößt. Auch wenn der Roman zunächst ziemlich nach Spannung und Aufregung tönt, so ist es doch eine sehr ruhig erzählte Geschichte, die vor allem von der Trauerbewältigung handelt. Der Verlust, den nicht nur Karla zu verarbeiten hat, der aber gerade sie zu manch unbedachter Handlung treibt, ist auf jeder Seite zu spüren. Karlas Schilderung der Wochen nach Maries Tod ist eine intensive Seelenschau. Doch das ist nur die eine Seite der Geschichte. Denn die Autorin lässt nicht nur die überlebende Schwester von dem Scherbenhaufen erzählen, den der Tod hinterlassen hat, sondern lässt auch Marie zu Wort kommen und bietet so Einblicke in ein gänzlich anderes Trauerspiel. Denn hinter der Fassade der erfolgreichen Singlefrau erleben wir hier die emotionalen Auswüchse eines dramatischen Lebenseinschnittes, den die junge Frau nie ganz verarbeitet hat. Sie berichtet von gesellschaftlichen Zwängen und Mauern, die man sich selbst setzt, die ein ganzes Leben verschatten können. Die Detailtreue, mit der hier verschiedene Emotionen und Gedankengänge dargestellt werden, ist wirklich große Handwerkskunst. Allein, die Spannung und der Erzählfluss bleiben dabei manches Mal und gerade gegen Ende etwas auf der Strecke. Da helfen auch die teilweise leider schon fast etwas künstlich aufgebauscht wirkenden Tempo liefernden Elemente nicht mehr. Aber das braucht dieser Roman eigentlich auch nicht, um seine Botschaft zu übermitteln.