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Inhalt: Veronica ist Ivy-League-Material, Kandidatin für die größten und prestigeträchtigsten amerikanischen Ivy-League Universitäten. In ihrer High School ist sie Favoritin für die Abschlussrede, Anführerin des Debattier-Clubs und Jahrgangsbeste. Das Highlight ihres Jahres besteht darin, sich mit ihren Freundinnen auf ein großes Lernwochenende zu treffen. Ihr Freund Kevin ist Star der Fußballmannschaft, Mitglied in der Kirchenband und sieht verdammt gut aus. Er ist der Grund, warum Veronica und ihre Freundinnen zu jeder Party eingeladen werden. Ausgerechnet Veronica, die von allen gemocht wird, und die selbstverständlich niemals ungeschützt mit ihrem Freund schlafen würde, ist es, die sich eines Tages mit einem Schwangerschaftstest auf dem Mädchenklo wiederfindet. Als ihr dieser in einem Schockmoment aus der Hand fällt und direkt unter der Tür hindurch rutscht, ist es ausgerechnet Veronicas ehemals beste Freundin Bailey, deren Stimme kurz darauf ertönt. Sie hat den Schwangerschaftstest natürlich sofort entdeckt. Es dauert nicht lange, bis Bailey über die Toilettentür schaut und das Desaster perfekt macht. Für Veronica gibt es nur eine Option mit dieser Situation umzugehen: Eine Abtreibung muss her. Den Auswirkungen des US-Föderalismus geschuldet befindet sich der nächste Ort, wo dies möglich ist, in Albuquerque. Und das ist genau 1599 Kilometer von ihrer Heimat Columbia entfernt. Ihren Eltern und schon gar nicht ihren Freundinnen, die sie für perfekt halten und allesamt gerne Kevin als potentiellen Vater ihrer eigenen Kinder sehen würden, kann Veronica von dieser Absicht erzählen. Es erscheint passend, dass die vorlaute, in vielerlei Dingen hemmungslose und zynische Bailey, die in der Schule keinen guten Leumund genießt, bereit ist, Veronica für kleines Geld nach Albuquerque zu fahren. Und das ist der Beginn eines absolut verrückten, chaotischen und filmreifen Roadtrips, den keine mehr vergessen wird. Meinung: Veronica ist eine absolute Vorzeigeschülerin. Ihre Clique aus Freundinnen passt zu ihrem Wertekosmos. Doch schnell wird klar, dass jede einzelne sofort mit Veronicas Freund Kevin durchbrennen würde, sobald sich eine Möglichkeit hierzu bieten würde. Veronica selbst scheint sich daran nicht unbedingt zu stören. Sie ist stolz auf ihr Leben und auf den Freund an ihrer Seite. Dieses Verhalten kippt jedoch, als Veronica auf der Mädchentoilette feststellen muss, dass sie von genau diesem Jungen ein Kind erwartet. Sie hat verhütet. Manchmal sogar doppelt! Wie konnte da ein Fehler passieren? Was da geschehen ist, bleibt dank Kevin selbst nicht lange rätselhaft und unerklärlich: Er hatte das Kondom mehrfach manipuliert, um seine Freundin auch nach dem College in seiner Nähe zu wissen. Einen erfrischenden Kontrast zu Veronicas sozialem Umfeld stellt Bailey dar. Das Mädchen mit den türkisfarbenen Haaren, dem abgeplatztem grünen Nagellack und den zerrissenen Jeans, die auf den ersten Blick düster, zynisch und vielleicht sogar ein wenig angsteinflößend daherkommt. Schon bald bietet sie die beste Fahrgelegenheit, die sich Veronica für einen Abtreibungstrip nach Albuquerque wünschen kann. Bailey sagt, was sie denkt. Sie hat keine Hemmungen mitten in einem Diner, in dem es vor Truckfahrern nur so wimmelt, einen Termin für ihre Mitfahrerin bei der Abtreibungsklinik klarzumachen und sich dort auch im gleichen Atemzug nach Möglichkeiten für ein Waxing im Genitalbereich zu erkundigen. Man könnte sagen, dass Bailey für das Entstehen der meisten Abenteuer auf dem Roadtrip verantwortlich zeichnet. Sie schlägt ein Angebot für einen Joint nicht aus, sie betrinkt sich mit Pfirsichlikör in einer Stretch-Limousine, sie scheut sich nicht mitten im Nirgendwo in einen Stripclub zu gehen und dort nach einer Mitfahrgelegenheit Ausschau zu halten. Sie schlägt dahingegen aber schnell die Flucht vor, als ein Mann die beiden Mädels ein Stück des Weges in seinem Auto mitnehmen möchte. Schließlich könnte es sich hierbei um einen Serienmörder handeln. Vielleicht merkt man schon an diesen Zeilen, dass es sich bei Veronicas und Baileys Roadtrip um eine ziemlich abgedrehte und chaotische Geschichte handelt, die auf jeder Seite einen großen Unterhaltungswert verspricht. Die Figuren sind nicht immer sympathisch. Ganz besonders Kevin, der von Bailey früh als Stalker bezeichnet wird, erscheint immer wieder recht spontan an diversen Reisepunkten und macht es den Mädchen schwer. Er möchte eine Zukunft mit seiner Liebsten und dem ungeborenen Kind. Dass er einen Fehler gemacht haben könnte - mag sein. Doch Kevins Ego scheint grenzenlos und Veronicas abweisende Worte prallen einfach an ihm ab. Auf der Reise gelingt es Veronica die Fehler ihrer Vergangenheit zu reflektieren. Zu diesen Fehlern gehört definitiv auch Kevin. Sowohl Veronica als auch Bailey versuchen mit der Vergangenheit abzuschließen. Das geschieht nicht immer mit Worten, sondern nicht selten auch gewaltaffin. So zögert Bailey nicht, dem aufdringlichen Kevin zwischen die Beine zu treten und Veronica greift, nachdem sie erste Hemmungen abgelegt hat, auch gerne zum Elektroschocker ihrer Reisegefährtin. Fazit: “ Unpregnant – Der Trip unseres Lebens“ ist ein gedruckter Film. Die Grenzen des Konventionellen und des Wahrscheinlichen überschreitet diese Geschichte entschieden. Das Buch ist durchaus unterhaltsam zu lesen und gekonnt konstruiert. Die Geiselnahme eines Frettchens, Kühe umstoßen bei Nacht, die Flucht vor einem potentiellen Serienmörder, ein Lapdance in einem Stripclub irgendwo im Nirgendwo, eine riesige Elefantenskulptur besteigen. Das alles und noch viel mehr hat das Buch zu bieten. Einwände, dass manches zu konstruiert, zu auf die Spitze getrieben sei, verhindert das Buch – allerdings nur zum Teil - mit seiner Dynamik. Leser, die sich darauf einlassen wollen, werden mit “ Unpregnant – Der Trip unseres Lebens“ ihre Freude haben.