ankasgeblubber
Es sind die Erlebnisse und Erfahrungen, die einen Menschen verändern, einen Charakter formen, sein Verhalten beeinflussen. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte, die ihn zu dem macht, der er jetzt gerade ist. Jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen und seine ganz individuelle Art damit umzugehen. Wie unterschiedlich wir alle sind und dass es sich immer lohnt, einen Menschen genauer anzusehen, diese Message gibt Adriana Popescu ihren LeserInnen sehr eindrücklich und doch behutsam erzählt, mit auf den Weg. Der neue Roman der Stuttgarter Autorin nimmt uns mit auf eine Reise. Zusammen mit Romy, Julian, Konrad und Nele begeben wir uns in einem alten Mercedes auf einen Roadtrip quer durch Frankreich, Spanien und Portugal. Vier junge Menschen, alle auf der Suche. Auf der Suche nach Antworten, nach der Wahrheit, nach Sicherheit, nach Liebe und nach sich selbst. Eine Geschichte über das Leben – so echt, knallhart, brutal und wunderschön es sein kann. Mal in allen Farben strahlend, mal düster und grau. Mit Romy, Julian, Nele und Konrad hat Adriana Popescu vier spannende Charaktere geschaffen, die sie so liebenswert, authentisch und respektvoll zum Leben erweckt, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt, als sie ins Herz zu schließen. Auf den ersten Seiten lässt sie ihre Leserinnen und Leser einen recht oberflächlichen Blick auf ihre Charaktere werfen, so wie man „Fremde“ eben betrachtet. Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich die vier sofort in unterschiedliche Schubladen steckte, doch so schnell sie in diesen gelandet waren, kamen sie auch wieder herausgekrochen. Ich lernte vier junge Menschen kennen, die mich mit ihren individuellen Geschichten sehr berührt haben. Zusammen saß ich mit ihnen im Auto, lauschte ihren Gesprächen und ihren Gedanken, erfuhr von ihren Ängsten, durchbrach mit ihnen hohe Mauern, fühlte mich in einem Moment glücklich und frei und im nächsten nachdenklich und gefangen. „Morgen irgendwo am Meer“ hebt sich deutlich von anderen Jugendbüchern ab. Ungern stecke ich es in die Schublade „Jugendbuch“, denn auch wenn unsere vier jungen Heldinnen und Helden zwischen 17 und 19 Jahre alt sind und auch ihrem Alter entsprechende Sorgen haben, bin ich mir sicher, dass sich jede/r Leser/in, ganz unabhängig von ihrem/seinem Alter zwischen den Zeilen wiederfinden kann. Adriana Popescu ist nicht nur nah an ihren Figuren dran, sondern auch an ihren Leserinnen und Lesern. Ihr unverwechselbarer Schreibstil, der sowohl melancholisch nachdenklich als auch erfrischend leicht durch die Geschichte führt, lullt ein, macht glücklich und lässt die Seiten nur so fliegen. Ich habe geschmunzelt, geträumt, nachgedacht und geweint. Die Geschichte hat mich in vielerlei Hinsicht berührt, ohne dabei zu schwer zu werden – ganz im Gegenteil. Auch wenn viel Schmerz, Hoffnungslosigkeit und Angst auf den 480 Seiten stecken, geht man mit dem positiven Gefühl, das man trotz der Tiefgründigkeit in jedem einzelnen Kapitel spürt, aus dieser Geschichte heraus. Mir fällt es schwer, Romy, Julian, Nele und Konrad loszulassen, aber ich bin mir sicher, sie gehen ihren Weg. Und vielleicht sieht man sich ja wieder… morgen, irgendwo am Meer…