Gabriele Feile
Versprechen gehalten Barack Obama, der 44. Präsident der Vereinigten Staaten, hat in mehrfacher Hinsicht Geschichte geschrieben. Und er hat, so schreibt er es im ersten Teil seiner Memoiren, mit seinem politischen Leben etwas geheilt, was in ihm schlummerte und was ihn zu immer höheren Zielen anstrebte. Wie tickt Obama? Beim Lesen der fast 1.000 Seiten hörte ich Obamas Stimme ganz deutlich. Er schreibt, wie er (öffentlich und vermutlich auch privat) redet. Und die Übersetzer haben ganze Arbeit geleistet. Man kann gar nicht anders, als diesen Mann sympathisch finden, auch wenn er ganz sicher nicht fehlerfrei ist und über seine Schwächen offen spricht bzw. schreibt. Dennoch strahlt er diese typische amerikanische Art aus: Ich weiß, was ich kann, und ich kann es gut. Mehr als einmal schreibt er, dass es SEINE alleinige Entscheidung war, ob und wie etwas geschehen ist. Obwohl er auch sein Team intensiv würdigt, wird deutlich, dass er seine damalige Rolle des Präsidenten als „Einzelverantwortlicher“ wahrgenommen hat, der ja auch Oberbefehlshaber über das Militär ist. Das ist vermutlich auch so gedacht im amerikanischen System, doch es erinnert an manchen Stellen des Buches an eine Monarchie. Überhaupt wirkt der Politikzirkus in Washington ein bisschen wie eine Kopie der alten europäischen Königshöfe. Das haben die damaligen Einwanderer wohl mitgebracht… Wie ticken die Vereinigten Staaten? Mir fiel auf, dass Obama die Menschen, über die er berichtet, beschreibt, indem er ihre Persönlichkeit einordnet. Ganz häufig verwendet er dafür Details von ihrer Herkunft inklusive Abstammung. So schreibt er über den früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy: er ist zur Hälfte Ungar und zu einem Viertel jüdischer Grieche. Bei Amerikanern wird immer der Geburtsort, der Staat und die Abstammung erwähnt (Iren, Italiener, Afroamerikaner). Es wundert mich also nicht, dass Amerika nach wie vor ein großes Problem mit Diskriminierung hat. Denn obwohl alle Amerikaner sind und stolz darauf, wird die Herkunft stark betont. Auch die Berufe der Eltern und ihre Geschichten werden oft in Verbindung gebracht mit den Menschen. Auf mich wirkt auch das eher spaltend als verbindend. Ob das bei Obama nun besonders stark ausgeprägt ist, oder ob dies „in der Breite“ der Bevölkerung so gehandhabt wird, kann ich nicht beurteilen. Wie tickt Politik? Egal, welche Themen Obama beschreibt: Wahlkampf, tägliche Arbeit im Weißen Haus, das Beschaffen von Mehrheiten für Gesetze, Klimaschutz, Katastrophen, Außenpolitik, Einwanderung militärische Interventionen etc.: es wird stets sehr deutlich, nach welchen Regeln Politik funktioniert. Es geht immer (auch) um wirtschaftliche Interessen. Egal, ob es um den Nahostkonflikt, die Gesundheitsreform oder die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon geht: die meisten Entscheidungen werden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen - oder abgelehnt. Auch wenn sich Obama als sehr unabhängig beschreibt, im Endeffekt wird er, wie alle Spitzenpolitiker, von „der Wirtschaft“ sehr stark beeinflusst. Fazit Die knapp 1.000 Seiten lesen sich flüssig, sind hochinteressant und decken einige Interna sehr detailliert auf. Besonders, wer Michelle Obamas Buch „Becoming“ gelesen hat, bekommt mit „Ein verheißenes Land“ den zweiten Blickwinkel auf das Leben und Wirken von Barack Obama geliefert. Das Buch hält, was es verspricht und ich freue mich auf den zweiten Teil.