monerl
Abschiebung ohne Verabschiedung Meine Meinung Manche Geschichten benötigen viele Seiten, um erzählt zu werden und mache, so wie diese hier, trifft auch mit wenigen Worten und Seiten alles auf den Punkt. Die Geschichte um Julia und Faizan ist eine Liebesgeschichte, eine tragische Liebesgeschichte in Zeiten von Corona und der Rückführung von Flüchtlingen, die nicht länger in Deutschland geduldet werden, weil ihr Geburts- und Herkunftsland scheinbar ein sicheres ist. Es ist eine Geschichte über eine Ehe, die keine Scheinehe ist, und doch geschlossen wurde, damit zwei liebende Menschen zusammenbleiben können. Doch man braucht keine Hellseherkugel um zu wissen, dass auch das nicht helfen wird. „Nichts Freiwilliges sei mehr im Leben seiner Tochter gewesen, sondern eine getriebene Not. Nicht die eigene, sondern die Not des anderen, die irgendwann zur eigenen Not wurde. Das sei eine Ehe. Einer trage des anderen Not. Von wegen Scheinehe. Alles andere als eine Scheinehe. Alles sei aufeinander bezogen gewesen. Die ganze Zeit. Was man Faizan angetan habe das habe man auch ihr angetan. Wenn seine Rechte verletzt wurden, dann gleichzeitig auch ihre. Wenn man ihn aus dem Land geschafft hatte, dann am Ende auch sie …“ (Buch S. 153) Diese so wahren und treffenden Zeilen sind ein seltener emotionaler Ausbruch im Schreibstil des Autors. Umso mehr verleihen sie dem Gesagten an Kraft. Dies sind für mich die Schlüsselzeilen eines eher im nüchternen Schreibstil geschriebenen Buches, das seinen Finger genau auf den wunden Punkt der ganzen Misere setzt! Über Faizan bekommen Geflüchtete ein Gesicht, ein Leben, ein Schicksal. Joachim Zelter schafft es die Tagik herauszuarbeiten, wie, in der Tat kafkaesk, sich die Situation der lediglich begrenzt Geduldeten darstellt. Wir bekommen mit, wie Julia versucht durch verschiedene Anwälte Faizan zu helfen. Nicht nur, dass diese sehr teuer sind, keiner von ihnen ist in der Lage, Faizan Zeit und Recht zu verschaffen. Der Autor konfrontiert uns mit den verschiedenen Meinungen von Julias Familie und Freunden, mit Vorurteilen, Verständnis und Unverständnis. Er zeichnet die Realität in seinem Roman nach, die wahrscheinlich tagtäglich genau so immer und immer wieder stattfindet. Wir werden Augenzeugen des unmenschlichen Aktes des Rückführungsprozesses Faizans, der, wie man schon oft in den Nachrichten gehört oder gelesen hat, nachts von zu Hause rausgeholt, einen paar minütigen Anruf tätigen durfte und dann direkt in ein Flugzeug nach Pakistan gesteckt wurde. Trotz des recht nüchternen Schreibstils schafft es Joachim Zelter eine packende Geschichte zu erzählen, die ich fast in einem Rutsch gelesen habe und lange darüber nachdenken musste. Die Hoffnung, alles möge noch auf das Gute hinauslaufen zieht sich bis zum Schluss, der für mich trotzdem unerwartet kam. Fazit Dem Autor ist ein sehr aktueller und eindringlicher Roman gelungen, der die Flüchtlingspolitik als genau das aufzeigt, was sie ist: unmenschlich! Ein sehr bemerkenswerter und lesenswerter Roman, den ich uneingeschränkt weiterempfehle!