wandanoir
Amüsante Nadelstiche „Der Algorithmus der Menschlichkeit“ fängt in der verruchten Atmosphäre eines Roboterbordells an. Das ist aufregend und empörend. Wie wird Mari, die modernste KI auf dem Markt zurechtkommen? Die Kunden sind häufig grob und Mari muss wieder und wieder zurück in die Werkstatt, um „repariert“ zu werden. Der Kommentar: Die Autorin hat eine spitze Feder und erheitert den Leserkreis mit Dutzenden von Aphorismen. Zitate: Über das menschliche Weltbild: „Mari hielt es grundsätzlich für einen erfreulichen Ansatz, dass ein Mensch auf die Idee kam, sein verzerrtes Weltbild durch Statistiken zu objektivieren. Noch erfreulicher wäre es allerdings gewesen, wenn die Statistik zur Sachlage gepaßt hätte.“ Über die Gefahren von Büchern: „Der zuständige Wärter hatte jedes einzelne Werk durchgeblättert, um sicherzugehen, dass sich auch nichts Gefährliches zwischen den Seiten versteckte. Da konnte er mal sehen, wie wenig Ahnung er von Büchern hatte.“ Über die Überschätzung von Demokratie: „Es macht wenig Sinn die Entscheidungsgewalt von einer unintelligenten Person auf viele unintelligente Personen zu verteilen“. Dieser Roman ist ein humoriger Roman, der sein Thema, wie ist das mit den KIs, nur halbherzig ausführt. Vom Fembotbordell verschiebt sich das Geschehen schnell in eine nerdige, aber harmlose Wohngemeinschaft und verliert zunehmend Biß. Teilweise kommt man sich vor wie in einem Kinderbuch, vorzugsweise von Erich Kästner, viel Ironie, in der jede Menge Wahrheitskörner liegen, aber letztlich doch kindgerecht weichgespült. Man kann nicht umhin über die spitzen Bemerkungen der Autorin auch weiterhin zu schmunzeln, schade nur, dass sie am Ende keinen Paukenschlag wagt, sondern in weltumspannender Gefühligkeit versandet a là „seit nett zueinander.“ Fazit: Das Thema wird mit amüsanten Nadelstichen angestochen, aber es hätte einen Dolch verdient. Kategorie: Humor Verlag: Limes 2021