Cubey
“Blutsohn - Die Quellen von Malun” setzt fast nahtlos an den Ereignissen aus Band 1 an und führt die Geschichte unserer Protagonisten weiter, mit ein paar kleinen Zusätzen. An diese Stelle setze ich einen Spoileralarm, für den Fall, dass ich auch dieses Mal kein Blatt vor den Mund nehmen werde! Zu diesen kleinen “Zusätzen” zählen unter anderem die weiteren Sichten mit denen wir beschenkt werden. Neben Leymon, der soweit ich weiß schon im ersten Teil seinen Gastbeitrag hatte, sehen wir nun auch vermehrt die Sicht vom Blutsohn selber und von einem neuen Charakter, Siberi, zu dem ich später noch kommen werde. Der zweite Teil macht einiges wett, was der erste Teil, in meinen Augen, versäumt hat. Zum einen Erfahren wir mehr über die Gottgeborenen, die Götter, deren Fähigkeiten und die Vergangenheit. Der Fokus liegt auch mehr auf dem Krieg selber, den Zuständen in dem Land und weiteren Intrigen innerhalb der einzelnen Konstellationen. Dadurch, dass unsere Charaktere so breit gefächert sind und sich über das Land verteilt befinden, lesen wir auch mehr von verschiedenen Standorten des Landes und was dort passiert. Wir sehen die Kriegsfront, die Rebellenfront, die Seite der Flüchtlinge, die der Gottgeborenen im sicheren Malun, die Seite der Pamusch und auch ab und zu die Sicht des Blutsohnes. Was ich an dieser Stelle einmal hervorheben möchte, ist, dass ich gerade die Kapitel von Lunis, dem Blutsohn, Nelja und Leymon sehr gerne gelesen habe! Sie waren durchgehend spannend, informativ und sehr gut geschrieben und ich habe mich immer gefreut wenn am Anfang eines Abschnittes der jeweilige Name stand! Doch bei all der Vielzahl an Sichten, Perspektiven und Seiten in diesem Buch hatte ich, alles in allem, nicht das Gefühl, dass die Geschichte wirklich voran geht. Sie blieb auch nicht auf der Stelle. Das Verhältnis würde ich als “kompliziert” betiteln. Mein erstes Problem habe ich, definitiv, mit Siberi. Nicht, weil er der Antagonist ist. Nein. Sondern weil er absolut abstinent im ersten Band war. Ja, Rabanus meinte “Wir warten lieber noch ein Paar Tage, bis Dorgen in seinem neuen Amt fest ist”, das erklärt aber nicht wieso wir, bis auf die letzten Seiten im ersten Band, nichts von ihm gelesen haben. Er wurde als Antagonist in den zweiten Band eingeführt und sorgt dort nun für Unruhen. Ja, das ist seine Aufgabe als Gegenspieler, dennoch wirkt er für mich nicht ausgearbeitet und ausgereift und eher in die Geschichte geworfen. Er taucht auch, wenn es die Geschichte für nötig hält und ist Übermächtig mit seinen Fähigkeiten als Gottgeborener. Seine einzige Schwäche scheint zu sein, dass wenn er emotionaler wird seine Kräfte nicht mehr ganz so wollen wie er. Was ihn im großen und ganzen nicht zu stören scheint. Er hat seine Augen und Ohren überall, seine Kräfte gelten als Unübertroffen und er scheint es auch mit den mächtigsten Göttern aufzunehmen. Was kann da noch mit einspielen? Richtig, eine weitere Seite seiner Fähigkeit mit der er Dorgen das Gesicht von Feyla simulieren kann und ihn so in eine Liebschaft mit sich zwingen kann. An dieser Stelle wurde es für mich mit dem Verständnis schon schwer. Ich wusste nicht woher diese Fähigkeit kam, woher diese Verbindung kam, was genau sie auslöst und das Dorgen dieser so absolut ausgeliefert war. Dorgen hat, von allen Charakteren in dieser Geschichte, wohl am meisten gelitten. Unter Siberis Einfluss wurde Dorgen von einem Anfangs sehr geliebten Anführer binnen weniger Tage zu einem absoluten Tyrann vor dem jeder Angst hat. Was ich lustig finde, da ich immer nur höre wie unsere Protagonisten erzählen, sie hätten gehört, dass Dorgen so furchtbar sei. Ich höre keinen anderen Charakter das sagen. Woher haben unsere Protagonisten die Informationen, wie konnten sie so weit getragen werden? Das Tailin darüber bescheid weißt ist klar, weil er eine ähnlich seltsame, magische Verbindung zu Dorgen hat, wie Siberi. Nicht ganz so toxisch, aber dennoch für mich absolut nicht greifbar. Diese Verbindung kam und ging und war mal da, dann wieder nicht… Irgendwann wollte ich dem ganzen nicht mehr folgen. Zurück zu Dorgen. Sein Charakter wurde unter Siberis Einfluss einfach in den Abgrund gerissen. Seine Befehle wurden radikaler, gedankenloser und nahmen Menschenleben in Kauf und als er aus dieser Trance, in die Siberi ihn steckte, erwachte und die Ausmaße seiner Taten sah lernte er auch nicht aus seinen Fehlern. Er macht auf mich nicht den Eindruck als würde er so wirklich Widerstand leisten. Auch als Alia auftaucht und sich eine weitere magische Verbindung zwischen ihnen auftut bringt dies nichts und Dorgen verfällt wieder Siberi obwohl er deutlich hinter die Fassade sieht, was Siberi ist, was er tut und wie er vorgeht. Wie gesagt: Siberi ist einfach übermächtig. Wie geht man gegen so einen Charakter also vor? Wo wir gerade bei Alia sind: Ihr Charakter-Ark war speziell. Nachdem ich mich beim ersten Teil darüber beschwert hatte, dass andauernd eine Flucht angekündigt wird, die nicht passiert, werden wir mit dieser ziemlich schnell beschenkt. Sie, ihre Schwester Nelja und ihr Half-Love-Interest-Mariusch fliehen also. Okay, vorher hatten sie bzw. Alia noch eine Begegnung mit dem Blutsohn. Mit dem mächtigen, gefürchteten Blutsohn, der sie auch prompt Vergewaltigt…. Schlägt….? Ich bin mir recht unsicher welche Methode genau angewendet wurde. Nach dem ganzen bekommt der Blutsohn Alia nicht mehr aus dem Kopf und sie und ihre Konsorten fliehen. Und diese Flucht war ziemlich enttäuschend. Interessante Passagen wie die Situation bei Erisa wurden Stark verkürzt. Auch hier wurde wieder das Prinzip des, wie ich es ab jetzt nenne, “irren Zeitsprungs” angewendet. Alia und Nelja kommen an, es wird kurz der neue Charakter vorgestellt, dann kommt ein neues Kapitel eines neuen Charakters, wir springen zurück zu Alia und Nelja und boom, es sind mehrere Tage vergangen und wir müssen wieder weiter. Es ist Schade. Erisa machte auf mich einen sehr interessanten Eindruck und brachte etwas neuen Wind in die ganze Lage, dass es meinen Lesefluss beeinträchtig hat, sie wieder so schnell gehen zu lassen. Es herrschte für mich keine vernünftige Balance zwischen spannenden Sequenzen und narrativen Bombardements an Informationen. Jetzt kommt natürlich die Frage auf, wo war den Mariusch bei der ganzen Sache, wenn er doch mit den beiden geflohen ist: Er ist gestorben. Ziemlich am Anfang der Flucht wurde er in der Mitte zerteilt und das war es dann mit ihm. War ich geschockt? Nicht wirklich. Dennoch habe ich die Szene zweimal gelesen, weil ich nicht ganz verstand was ich da gelesen habe. Es kam so aus dem nichts und war mir auf der anderen Seite so egal, dass ich dem nicht weiter nachgehen wollte. Auch der Impakt den dieser Tod auf Alia hatte wirkte auf mich nur minimal. Ja, sie hat mehrere Tage getrauter und Essen und Trinken verweigert, aber davon bekam ich wenig mit, da genau diese Trauerphase in die Zeit mit Erisa fiel, sprich: Alles übersprungen. Am Ende führte ihr Weg sie in das Lager von Dorgen, wo sie auch prompt die sterbende Nureen mehr oder weniger ersetzen soll und es entspannt sich zwischen ihr und Dorgen eine Liebesbeziehung (?) mit einem Akt der Leidenschaft über den auf magische Weise auch Feyla Bescheid weiß (für die das anscheint komplett Okay ist, weil es ist ja nicht “so eine Beziehung”) und während dieser sich Alia auf eine Reise via Astralprojektion Richtung Lunis macht. Diese Szene und die ganze Beziehung zwischen den beiden war ein weiterer Bestandteil der langen Liste an Gründen, wieso ich der Geschichte irgendwann nicht mehr folgen konnte und wollte. Wenn wir gerade schon einmal bei Lunis sind ist er auch Teil eines großen Plotttwists, dessen Ausmaß scheinbar nicht ganz bei mir angekommen ist, da ich weder von ihm, noch von einem anderen Charaktere, der in diesen Twist mit involviert ist, wirklich viel mitbekommen habe. Die Bindung zu den Charakteren hat im allgemeinen sehr gelitten. Wo ich im ersten Teil noch meine Freude daran hatte mit den anderen Charakteren zu bonden, ist davon nichts mehr zu sehen. Dorgen und Alia habe ich schon abgefrühstückt, weiter geht es mit Feyla. Feyla ist in der Zwischenzeit bei den Wüstenfrauen angekommen, einer Untergrundorganisation die sich der Rebellion verschrieben hat und aus Frauen besteht, die Walerius in der Vergangenheit in der Wüste ausgesetzt hat. Hier tun sich auch mehrere Ungereimtheiten für mich auf. Zum einen ist diese Organisation mir zu schwammig. Sie kommt aus dem nichts und das was mir als Erklärung dargeboten wird, wie sie entstanden ist, reicht mir nicht aus um das Bild irgendwie rund zu machen. Noch dazu scheint ja jeder dort Feyla zu misstrauen, dafür, dass sie von Walerius ausgesetzt wurde. Walerius ist in diesem Konstrukt immer noch der Hauptfeind. Dafür, dass die Feyla aber nicht zu 100% trauen, darf sie dann doch schon viel machen, rumlaufen und an diversen Gruppenaktivitäten teilnehmen. Ein weiterer Dorn im Auge sind die Verwandtschaftsverhältnisse die nun mehr enthüllt werden. Im Kontext der Geschichte ergeben die vielleicht sich, für mich als Leser kommen sie aber wie aus dem Nichts und werden auch nicht zu genüge erklärt. Ist der Zusammenhang für den späteren Verlauf in der Geschichte noch relevant, oder war er nur da für einen weiteren dieser Schock-Momente. Auch ihre Seite der Geschichte ist nicht ganz unberührt von den Zeitsprüngen und der Alltag bei den Wüstenfrauen wird mir als Leser nicht ganz ersichtlich. Es verhält sich ähnlich wie im ersten Teil bei Alia. Wir werden im groben mit den Regeln der Gemeinschaft konfrontiert, aber die Protagonistin spinnt ihr Leben dann drum herum. Bei Alia ist es anscheinend nie aufgefallen, dass sie ihrer Arbeit nicht zu 100% nachgeht und Feyla kann sich frei bewegen und mehrere Tage am Bett der Todkranken Nugia verbringen ohne das es groß jemanden störrt. Ungeachtet ihrer seltsamen, wie aus dem nichts entstandenen Verbindung zu Siberi und ungeachtet dieser absolut unangenehmen und in meinen Augen auch unnötigen Szene (weil sie wieder nichts beigetragen hat und nur für den Schockmoment da war) mit der Ex-Sklavin Thia die ihre Macht als Gottgeborene zur Schau gibt. Dazu komme ich gleich auch noch. Abschließend noch ein paar Worte zu Tailins Kapiteln: Ich habe sie gehasst. Jedes einzelne. Seine Kapitel waren am stärksten Betroffen von diesen Zeitsprüngen. Hier ein paar Tage, da mehrere Wochen, hier einige Monate. Das zeitliche einordnen ist schier unmöglich. Dazu kommt die Bombadierung mit Informationen. Tailins Kapitel bestehen zu 95% nur aus Beschreibungen und Umschreibungen, in einem solchen Maße, dass man fünf Seiten getrost überspringen konnte und immer noch an der gleichen Stelle war. Seine Kapitel drehten sich hauptsächlich um seine Empfindungen rund um seine Fähigkeiten, wie ich das verstanden habe. Dabei wird so viel mit der Umgebung gespielt, so viele Eindrücke geschildert, so viele… Naturphänomene dargebracht, so oft gestorben, dass ich irgendwann nicht mehr hinterher kam und mir auch nicht mehr die Mühe machte. Ich wurde bei Tailin einfach mit so vielen Informationen zu geworfen, mit denen ich wenig bis gar nichts anfangen konnte, dass ich es irgendwann aufgegeben habe. Ich kann daher auch nicht mehr viel zu Tailin sagen. Kommen wir noch einmal zu den Gottgeborenen, von denen es im ersten Teil ja noch hieß, dass es ganz wenige gibt. Sie seien eine Rarität in dem Lande und man würde Wochen- und Monatelang nach ihnen Suchen. Und damit meine ich nicht die Gottgeborenen die der Blutsohn direkt sucht, wo Haarfarbe und Augenfarbe übereinstimmen. Sondern wirklich die Gottgeborenen an sich. Und während sie im ersten Teil noch so selten waren, haben wir sie nunmehr im absoluten Überfluss. Nicht nur Nelja ist, wie vermutet, eine Gottgeborene, nein! Auch Alia ist eine. Die Sklavin Thia ist eine, bei den Pamusch gibt es etliche. Dann natürlich Siberi! Nugia ist ebenfalls eine Gottgeborene und Nureen, wenn ich mich nicht ganz Irre, auch! Bei den Wüstenfrauen gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit, neben den spannenden Verwandtschaftsverhältnissen auch noch einige Gottgeborene. Jeder hat auf einmal Fähigkeiten die er Entwickelt. Und natürlich wird auch mit Vermutungen um sich geworfen, wer die Stücke von Talun und Maluna in sich trägt. Doch dahingehend fehlt es mir dann wiederum an Informationen. Was mich zu noch einem Problem bringt: die Geschichte hält sich mit Informationen auf, mit deren Erhalt ich als Leser absolut nichts anfangen kann. Und davon hat Blutsohn eine Menge! Auf der anderen Seite wird aber mit Informationen und Szenen gespart, die wirklich was zu der Geschichte beitragen können. Würde man mich Fragen, worum genau es in Band 2 geht, könnte ich die Frage nicht wirklich beantworten, da gleichzeitig so viel und so wenig passiert und sich die Geschichte im Kreis dreht aber auch nicht. Die Beziehungen zwischen den Charakteren sind unklarer denn je, viele Szenen kommen aus dem Nichts und wirken Erzwungen und gestellt, während auf der anderen Seite auch so viele Situationen sind die absolut nichts zum großen Ganzen beitragen. Wir haben immer noch nicht wirklich erfahren, was die “große Verschwörung” ist, die im ersten Angekündigt wurde, wie die “Schicksale” der Protagonisten miteinander Verbunden sind.. Es dreht sich alles im Kreis und man kommt nicht wirklich voran. Feyla bewirkt bei den Wüstenfrauen nichts. Tailin ist mit seinen Kräften noch nicht wirklich weiter (und ich frage mich ja wirklich wie Chaveen es sicher und heile zu Tailin gebracht hat, wenn es den Dreien anscheinend so schlecht geht) und wirft nur immer mehr Fragen auf. Dorgen ist hilflos mit der Situation überfordert und findet keine Lösung und macht auf mich auch nicht wirklich den Eindruck daran groß etwas ändern zu WOLLEN. Und Alia? Die hat es zu Dorgen geschafft und herausgefunden, dass sie eine Gottgeborene ist. Würde ich auch nicht wirklich als Erfolg verbuchen. Fazit: Band 2 hat mich sehr enttäuscht. Der Einstieg war unglaublich spannend und es ging rasant los, nur damit es schnell abschwacht. Ich hab keine Sympathie mehr für die Charaktere empfunden, weshalb es mir auch immer schwerer fiel mit Leib und Seele bei ihren Schicksalen dabei zu sein. Als Leser wird man hingehalten und mit Informationen zu geschmissen, während der eigentliche Plot nicht ins Rollen kommt. Ich bleibe mit mehr Fragen zurück als am Anfang und war am Ende einfach nur froh die letzte Seite umblättern. Auch wenn einige Charaktere dabei waren, an denen ich Spaß hatte, war das Gesamtpaket für mich nur enttäuschend und hat den ganzen Rest runter gezogen. “Blutsohn - Die Quellen von Malun” bekommt von mir daher 1,5 von 5 Sternen.