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Furbaby_Mom

Posted on 22.4.2021

*** Nicht schlecht, aber komplett anders als erwartet *** Dieser im April 2021 bei HEYNE erschienene Roman von Sophie Faber hat mich total überrascht, da ich aufgrund des Klappentextes einen anderen Inhalt erwartet hatte. Vorab möchte ich festhalten: Das Werk besticht durch einen locker-witzigen, angenehm umgangssprachlichen Schreibstil, daran gibt es nichts auszusetzen. Liebenswerte Figuren und die Tatsache, dass in einem tierischen Roman auch wirklich eine Vielzahl an tierischen Protagonisten vorkommt, sind weitere Pluspunkte. Laut Klappentext ist die weibliche Hauptfigur Beatrix Vogelsang (- Mitte Vierzig, alleinstehend, Katzenbesitzerin -) angestellt in einer Tierarztpraxis und verkuppelt für ihr Leben gern andere Menschen. Aufgrund dieser Fakten bin ich von einer Kombination aus niedlichem Wohlfühlroman und romantischer Geschichte ausgegangen und freute mich insbesondere über das kreative Setting: eine Tierarztpraxis im Berliner Kiez. – Toll! Das ist schließlich mal was ganz Besonderes und bietet allerlei Potential für eine interessante Story. Trixie ist eine sehr herzliche, plapperfreudige, mit beiden Beinen im Leben stehende Frau, die mir unheimlich sympathisch war. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, schießt manchmal über das Ziel hinaus und liebt Tiere über alles. Seit dem Tod ihres Mannes ist einige Zeit vergangen und für die Tierarztpraxis, in der sie einst gemeinsam gearbeitet haben, hat Trixie einen neuen Arzt eingestellt: den jungen, frisch vom Studium entwachsenen und hoch motivierten Finn. Das Leben muss schließlich weitergehen und es nützt ja niemandem etwas, wenn das ohnehin schon marode, aber dennoch charmante alte Gebäude in Trixies Besitz ungenutzt verfällt. Außerdem benötigen die tierischen Patienten der Umgebung natürlich Unterstützung! Der Start mit Finn gestaltet sich etwas holprig aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Auffassungen - er: penibel korrekt, sie: spontan und quirlig -, doch eigentlich läuft es ganz gut. Wenn sich nur nicht lauter seltsame Vorfälle häufen würden! - Finns Onkel Spatzbach macht Trixie übertrieben intensiv den Hof und scheint es auf ihre Immobilie abgesehen zu haben, eine frühere Ärztin taucht unerwartet immer wieder in der Praxis auf und fragt Finn aus, und das Allerschlimmste: Im Kiez verschwinden immer mehr Haustiere… Das gemächlich beginnende Werk steigert sich schnell in Sachen Spannung und ist definitiv fesselnd bis zum Schluss. In vielerlei Hinsicht wirkte es auf mich eher wie ein Krimi mit humorvollen Elementen; der Wohlfühlfaktor war für mich zu wenig ausgeprägt. Zwar waren die Dialoge amüsant und die skurrilen Nebenfiguren ein echtes Highlight - allen voran das egozentrische Katzenzüchter-Paar Jansen und der reizende (angebliche) Ex-Einbrecher Kaluppke, der mich mit seinem gemütlichen Berliner Dialekt immer wieder zum Schmunzeln brachte – aber insgesamt wirkte die Geschichte für mich zu überladen. Irgendwie war es nichts Halbes und nichts Ganzes: ein Hauch zu viel Action und Drama für eine Feel-Good-Story, ein Tick zu wenig Emotion für eine Romanze. Am ehesten würde ich den Roman der Kategorie Cosy Crime zuordnen, minus den genretypischen Mord. Diese Tatsache allein hätte mich nicht gestört, ich lasse mich immerhin gerne überraschen. Doch folgende Punkte empfand ich als negativ, da ich aufgrund des Klappentextes eine andere Entwicklung erwartet hatte: 1. Trixies angekündigte Kuppelfreude hält sich enorm in Grenzen. Im Grunde ist dies während der gesamten Handlung nur einmalig und auch nur sehr kurz ein Thema. Ebenso nahm der Plot um ihr eigenes Liebesleben bzw. die angedeutete Änderung ihres Single-Daseins lediglich einen Randplatz in der Handlung ein und konnte mich emotional weder erreichen noch überzeugen. 2. Der erste Teil des Buchtitels, "Traummann gesucht.", ist irreführend gewählt worden. Trixie ist nicht auf der Suche nach einem neuen Partner, im Gegenteil. Sie klammert sich an die Gespräche, die sie im Geiste mit ihrem verstorbenen Mann führt. Prinzipiell wäre mir das kaum aufgefallen, doch hier erweckt der Titel den Eindruck einer flirtlustigen Person, die über eine neue Partnerschaft frohlocken würde, sogar bewusst auf der Suche danach ist (wie bei der Aufgabe einer Kontaktanzeige z.B.) – dies ist bei Beatrix nicht der Fall. 3. Natürlich ist mir bewusst, dass der Alltag in einer Tierarztpraxis nicht immer eitel Sonnenschein ist, aber bei gewissen traurigen Szenen habe ich schwer schlucken müssen und Tränen in den Augen gehabt – Stichwort: 'Unfall mit Fahrerflucht'. Solche Fälle hätten, meiner Meinung nach, in einem Wohlfühlroman deutlich abgemildert werden können. 4. Hätte ich geahnt, dass ein Großteil der Story von entführten Haustieren handelt, hätte ich dieses Werk bewusst nicht gelesen, da dies für mich (als Hundemama) ein sehr spezielles Thema ist und eine meiner größten Ängste darstellt. Insbesondere die wenigen Passagen aus der Sicht eines entführten kleinen Spitzes, der seine Menschen vermisst, haben mir das Herz zerrissen und von entspanntem Lesegenuss konnte keine Rede mehr sein. Selbstverständlich ist mir bewusst, dass dies ein sehr individueller Kritikpunkt ist, der wohl kaum auf viele andere Leser*innen zutreffen wird, doch hier hätte ich zumindest einen andeutenden Halbsatz im Klappentext sinnvoll gefunden. Nichtsdestotrotz ist der Roman mit dem entzückenden Kätzchen-Cover eine unterhaltsame Lektüre, die meinen Geschmack lediglich aufgrund meiner auf dem Klappentext basierenden Erwartungshaltung nicht getroffen hat, daher vergebe ich solide 3 ½ Sterne.

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