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patricianossol

Posted on 19.4.2021

Kann Stille tödlich sein? Vor einiger Zeit habe ich einen Bericht von der verstörenden Wirkung des stillsten Ortes der Welt. In den USA wurde ein Raum erschaffen, in welchem 99.99 Prozent der Geräusche absorbiert werden. Angeblich hält es niemand länger als 45 Minuten in diesem Raum aus. Und genau dieses Szenario greift Vincent Kliesch in seinem neuen Thriller „Todesrauschen“ auf. Für mich ist es der erste Auris-Thriller und damit auch meine erste Begegnung mit der True-Crime-Podcasterin Jula Ansorge und dem forensischen Phonetiker Matthias Hegel. Jula sucht noch immer nach ihrem Bruder, der unter mysteriösen Umständen verschwunden ist. Offenbar besitzt Hegel Informationen über Moritz. Jula traut Hegel nicht, willigt aber dennoch in ein Treffen ein. Beide werden entführt und es beginnt eine Odyssee um Leben und Tod. Zunächst fällt es mir schwer, in die Geschichte zu finden, was vermutlich auf die fehlenden Kenntnissen aus den vorangegangenen Bänden zurückzuführen ist. Als ich die handelnden Personen zuordnen kann, finde ich ins Geschehen. Mit Jula sympathisiere ich. Sie ist taff und schlagfertig. Hegel hingegen ist ein eigenwilliger Zeitgenosse, umgeben von einer geheimnisvollen Aura. Ich muss zugeben, er übt eine gewisse Faszination auf mich aus. Und doch bin ich mir bis zum Schluss nicht sicher, ob ich ihn mag. Vincent Kliesch erzählt dialogreich und gut verständlich. Durch die kurzen Kapitel mit kleinen Cliffhangern entsteht ein Sog, dem ich mich nicht entziehen kann. Ich fliege durch die Seiten, komme dem Täter bald auf die Schliche. Das Ganze ist reißerisch aufbereitet und wirkt daher gelegentlich etwas überzeichnet. Ich denke hier beispielsweise an Julas kleinen Bruder Elyas , der zum Superhelden mutiert, um seine Schwester zu retten. Besonders gut gefällt mir, wie Vincent Kliesch die Erlebnisse im schalltoten Raum beschreibt. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass dieser zur Folter werden kann. Ein interessantes Thema, das mich zum Nachdenken und Recherchieren anregt. Alles in allem ist „Todesrauschen“ ein unterhaltsames und packendes Thrillervergnügen. Leseempfehlung!

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