wortewunder
Spannende, bewegende Geschichte, deren Potenzial nicht voll ausgeschöpft wird Die 25-jährige Luca hat eine schwere Angststörung seit sie bei einem Pop-Konzert nur durch einen Zufall eine Brandkatastrophe überlebt hat. Seitdem ist nichts mehr in ihrem Leben wie zuvor. Luca, die sich von der Welt zurückgezogen hat, erhält auf Umwegen einen Brief ihres (ehemaligen) Brieffreunds Griffin und der hat es in sich. Griffin ist enttäuscht und wütend, weil seine vertraute Brieffreundin den Briefkontakt vor Jahren einfach abgebrochen hat und bringt das sehr deutlich zum Ausdruck. Er weiß nicht, was Luca in der Zwischenzeit passiert ist und auch Luca hat keine Ahnung davon, dass Griffin zu einem erfolgreichen Rockstar geworden ist. Luca erkennt, dass sie ihren Freund durch den Kontaktabbruch tief verletzt und in einer schweren Lebensphase im Stich gelassen hat. Sie beschließt, ihm zu antworten. Es entsteht schnell wieder eine enge Freundschaft, bei der sich Luca und Griffin per Brief persönlichste Dinge anvertrauen. Luca will Griffin nach all den Jahren endlich persönlich kennenlernen und macht sich trotz großer Ängste auf den Weg nach Kalifornien, um Griffin zu suchen, ahnt aber immer noch nicht, dass Griffin der Sänger einer der bekanntesten Bands der Welt ist. Die Grundidee der Geschichte um Luca und Griffin ist sehr interessant und außergewöhnlich. Nach einem starken Anfang folgt eine unterhaltsame, spannende Story, die nicht völlig überraschend abläuft, den Leser aber an vielen Stellen packt. Die Story beginnt mit einem Briefwechsel zwischen den beiden Protagonisten. Über die Briefe erfährt der Leser viel über die Charaktere der Figuren, ihre Gemeinsamkeiten und die Beziehung zueinander. Sie sind voller witziger Ideen und in stilistischer Hinsicht ein Highlight des Romans. Schön ist es, Luca und Griffin über ihren Briefwechsel aus verschieden Lebensjahren quasi beim Erwachsenwerden beobachten zu können. Spannend wird die Geschichte als Luca nach vielen Jahren ihren ersten Brief an Griffin schreibt. Wird Griffin antworten? Wie wird er reagieren? Auch auf das erste Zusammentreffen von Luca und Griffin fiebert man als Leser hin. Allerdings fällt es weit weniger magisch aus, als ich es erwartet hatte. Und noch etwas anderes passiert während dieses ersten Treffens: Die Freundschaft von Luca und Griffin gerät ganz leicht in eine Schieflage. Luca ist eine Frau, die ihr Leben in die Hand nimmt - trotz aller Schwierigkeiten mit ihrer Angststörung. Sie ist New-York-Times-Bestseller-Autorin und in ihren Briefen komplett auf Augenhöhe mit Griffin. Durch einen missglückten Scherz von Griffin ist sie beim ersten Treffen geschockt, kurz vor einer Panik und wird von Griffin quasi aus der Situation gerettet. Ab dieser Szene wirkt Luca häufig eher defensiv und Griffin sehr selbstsicher, Rockstar-mäßig. Das fand ich etwas schade. Griffin und Luca werden ein Paar. Wie es zu erwarten war, ist die Beziehung der beiden Figuren allerdings mit Problemen behaftet. Luca erlebt während einer Reise mit Griffin zwei für sie traumatische Situationen und erleidet dabei heftige Panikattacken. Wie sehr Luca diese Situationen mitnehmen, wird aus der Sicht von Griffin erzählt. Besser hätte ich es gefunden, wenn Luca ihre Gefühle aus ihrer eigenen Perspektive geschildert hätte. Dass die Erlebnisse schlimm für sie waren, kann man sich vorstellen. Dass Luca aufgrund dieser Panikattacken die Entscheidung trifft, sich von Griffin zu trennen, war für mich nicht so richtig nachvollziehbar. Mehr Einblick bekommt man in das Gefühlsleben von Griffin, der unter der Trennung von Luca enorm leidet. Mit ihm konnte ich wirklich mitfühlen. Seine Verlustängste sind spürbar, Lucas Gefühle nicht so sehr. An dieser und auch an anderen Stellen zeigt sich, dass man aus der Geschichte noch mehr hätte machen können. Es gibt zwar einige schöne, emotionale Szenen im Buch, aber richtige Gänsehautmomente waren eher selten. Auch aus der Rockstar-Thematik hätte man mehr machen können. Man erlebt Griffin nicht wirklich als Musiker, der die Menschen verzaubert. Das hätte der Figur aber noch mehr Faszination verliehen. Ich hätte mir eine Szene gewünscht, bei der Luca Griffin live erleben kann. Der Schluss im Epilog ist zwar etwas klischeehaft ausgefallen, aber dass ganz am Ende der Story der vor vielen Jahren geschriebene erste Brief der kleinen Luca an Griffin steht, war eine sehr schöne Idee. Sowohl Luca als auch Griffin sind interessante, gut ausgearbeitete Figuren. Luca ist klug, witzig, in ihren Briefen selbstironisch und als Schriftstellerin erfolgreich, hat aber diese Angststörung, die sie in ihrem Leben enorm einschränkt. So lebt sie von anderen Menschen völlig abgeschieden alleine mit ihrem Hausschwein. Der einzige soziale Kontakt von Luca ist ihr Psychiater Dr. Maxwell. Der „Doc“ ist eine liebenswert schrullige, warmherzige Figur, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Griffin ist eine vielschichtige Persönlichkeit. In seinen Briefen zeigt er sich als ein tiefgründiger, verletzlicher Mensch mit einem schrägen Humor. Dass er dazu noch gefeierter Rock-Musiker ist, macht ihn zu einer besonderen Figur. Die Konstellation aus beiden Figuren bietet viele Möglichkeiten für eine emotionale, mitreißende Story. Fazit: „The Story of a Love Song“ ist eine spannende, teilweise auch bewegende Geschichte mit einer tollen Grundidee. Die Figuren sind interessant angelegt und bieten viel Potenzial für eine besondere Story mit Tiefgang, das allerdings nicht voll ausgeschöpft wurde. Auch wenn „The Story of a Love Song“ etwas hinter meinen hohen Erwartungen zurückgeblieben ist, enthält sie viele schöne Ideen, nicht zuletzt den zum Teil sehr originellen Briefwechsel zwischen den Protagonisten.