Marc Lippuner
Wenn man „Steampunk“ hört, dann denkt man unweigerlich an fliegende Zeppeline, geölte Zahnräder, sepiafilterfarbene Luft, dampfende Kessel, Taschenuhren, Fliegerbrillen, Stehkragen und wehende Rockschöße. Der retrofuturistische Steampunk verknüpft technologischen Fortschritt mit viktorianischer Ästhetik und ist so gemeinhin ein künstlerisches Genre, in dem historische, utopische und fantastische Motive spielerisch miteinander verknüpft werden können. In der vorliegenden Kurzgeschichtensammlung stellten sich zwanzig Autor:innen der Herausforderung, Steampunk-Elemente mit musikalischen Themen zu verknüpfen. Das Ergebnis ist eine unterhaltsame, fantasievolle und - was nicht selbstverständlich ist bei aus Einreichungen zusammengestellten Erzählbänden - literarisch durchweg gute, zum Teil sogar anspruchsvolle Auswahl an Texten, in denen die Leser:innen unter anderem einem verwunschenen Grammophon, einem geisterbeschwörenden Ätherradio, einer mysteriösen Spieluhr, Phonogeigen und Waterophone, Tanzpaaren auf Luftschiffen, singendem Sand, einem im Walzertakt schlagenden Mechanikerherz, tanzunwilligen Androiden und einer Lichtdiebin im Konzerthaus begegnen. Nicht alle Geschichten atmen gleichermaßen den Geist des Steampunk, manche sind zu sehr Science-Fiction, andere zu sehr Mystery, alle machen jedoch Freude beim Lesen und sind mit erfrischender Selbstverständlichkeit queer.