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annamagareta

Posted on 17.4.2021

Kritisch - intensiv - aktuell „Der ehemalige Sohn“ ist nach „Rote Kreuze“ der zweite Roman des weißrussischen Schriftstellers Sasha Filipenko, in dem er auf die Missstände in Belarus aufmerksam macht. Auf dem Weg zu einem Konzert gerät der 16-jährige Franzisk Lukitsch – genannt Zisk – in einer U-Bahnstation in Minsk in eine Massenpanik bei der 54 Menschen um ihr Leben kommen und über 100 schwer verletzt werden. Zisk fällt ins Koma. Sowohl seine Mutter, als auch seine Freundin und der behandelnde Arzt verlieren mit der Zeit die Hoffnung, dass Zisk wieder aufwacht. Lediglich seine Großmutter - Elvira Alexandrowna – bei der er auch die meiste Zeit gelebt hat, glaubt fest daran, dass sich sein Zustand ändern wird. Jeden Tag ist sie bei ihm, erzählt aus der Vergangenheit und berichtet von der aktuellen politischen Lage im Land. Es dauert zehn Jahre bis Zisk erwacht. Sasha Filipenko Schreibstil ist intensiv und eindrucksvoll. Sowohl wie er von der Massenpanik als auch von den Missständen im Land berichtet, werden die Situationen spürbar. Er beschreibt die gesellschaftlichen Strukturen, die Willkür in der Politik und die damit in der Bevölkerung einhergehende Hoffnungslosigkeit. Seine Sprache ist eindringlich, oft recht deutlich, teilweise überzogen und sarkastisch, aber – so kann ich jetzt im Nachhinein sagen - immer passend und angemessen gewählt. Seine Worte zeugen von einer Menge Mut, da er die Zustände in Belarus mit einer Offenheit anprangert, wie ich sie bisher noch von keinem anderen russischen Autoren kenne. Abschließend findet man Anmerkungen der Übersetzerin über die Geschichte von Belarus im Zweiten Weltkrieg und in der Sowjetzeit, zu Flaggen, zu der Sprache und über die Ereignisse, auf die sich der Autor in seiner Handlung bezieht. Ich würde empfehlen, diese vorab zu lesen, da sie nichts über den Inhalt des Buches verraten, aber zum Verständnis der Ereignisse beitragen. Ich kann diesen gesellschaftskritischen Roman nur empfehlen, da er einen interessanten Einblick in das Leben in Belarus gibt. Sahsa Filipenko ist ein großartiger Autor, dem es hier gut gelungen ist auf die Missstände seines Landes aufmerksam zu machen und sie den Lesern außerhalb von Belarus näher zu bringen.

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